Croll, Gerhard und Renate Croll: Gluck. Sein Leben. Seine Musik. – Kassel: Bärenreiter, 2010. – 288 S.: s/w-Abb., farb. Abb., Tab.
ISBN-978-3-761 821 66-4 : € 39,95 (geb.)
Das Vorhaben der Autoren, mit dieser Arbeit allen interessierten Musik- und Opernfreunden den Menschen und Musiker Christoph Willibald Gluck (1714–1787) durch Darlegung seines vielfältigen Werdegangs vom einfachen Förstersohn aus der Oberpfalz zum europaweit anerkannten revolutionären Neuerer des Musiktheaters näherzubringen, ist geglückt. Schon beim Aufschlagen des Buches bleibt der Blick im Buchdeckel hängen. Denn dort befindet sich eine Karte, die die Reisewege Glucks zu den Orten seiner Opern-Aufführen wiedergibt. In fast allen kulturell wichtigen Städten war Gluck mit seinen Werken präsent, sei es London, Paris, Mailand, Venedig, Rom oder Neapel, Dresden, Prag oder Wien. Durch ganz Europa reiste er in seinem vierzigjährigen Arbeitsleben. Jede belegbare Opernaufführung ist in einer nebenstehenden Liste aufgeführt. Ebenso detailgenau geht es im gesamten Buch weiter, haben die Autoren doch jahrzehntelang, neben Gerhard Crolls regulärer Tätigkeit in der Gluck-Forschungsstelle in Salzburg, forschend in den Archiven Europas verbracht. Jeder Wissenschaftler wird über diese Ansammlung von Fakten und Informationen begeistert sein, doch dank des unterhaltsamen Schreibstils lesen sich diese Fakten wie ein spannendes Buch, sodass auch der Nicht-Wissenschaftler durchaus seine Freude an dem Buch haben wird.
Die ersten Lebensjahre weisen in der Forschung noch größere Lücken auf, wobei sich die Frage stellt, ob diese offenen Fragen jemals beantwortet werden können, wenn Croll die Antworten bei seiner akribischen Arbeit nicht gefunden hat. Der Aufbau des Buches richtet sich an den Reisen aus: angefangen mit den Studienjahren, gefolgt von den Jahren in Italien, die ihn als Opernkomponist prägten, und der anschließenden Zeit in England, wo Gluck seine ersten Erfolge am Haymarket Theater testen wollte. Fünf Wanderjahre quer durch Europa folgten, bis er dann weitere feste Anstellungen fand. Der Streit um die Opernreform war lange Jahre Lebensinhalt des Komponisten. So findet sich dieses Thema auch in mehr als der Hälfte der 21 Kapitel des Buches. Die damit verbundenen Stellenwechsel, persönliche Begegnungen und private Entwicklungen erzählen die Autoren in packender Art und Weise. Nachdem Irene Brandenburg Anfang 2010 in Christoph Willibald Gluck und seine Zeit zuvor bereits andernorts publizierte Beiträge edierte (s. Rez.), ist hier nun endlich ein Gluck-Buch auf dem neuesten Forschungsstand erschienen.
Der Anspruch, ein fundiertes populäres Buch zu schreiben, zeigt sich auch im Literaturverzeichnis. Dies nennt nicht jede Quelle, sondern beschränkt sich auf jene wichtigen Bücher, die für den Leser in Bibliotheken und Buchhandel leicht zugänglich sind. Eine Übersicht über die Gluck-Gesamtausgabe ergänzt diese Bibliografie. Ein weiterer, höchst aufschlussreicher Anhang ist den zu Glucks Zeiten gebräuchlichen Währungen gewidmet. Ein Personen- und Werkregister schließt den Anhang ab. Zusätzlich zur genauen Recherche und dem kurzweiligen Schreibstil erfreut das Buch durch ein sehr sorgfältiges Lektorat.
Barbara Wolf
zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 32 (2011), S. 191f.