Stefan Franzen: Ohren auf Weltreise. Mit 366 globalen Musikgeschichten durchs Jahr – Höfen: Hannibal, 2024. – 456 S.: s/w-Abb., Online-Playlist
ISBN 978-3-85445-773-2 : € 25,00 (geb., auch als eBook)
Schon alle guten Vorsätze fürs neue Jahr umgesetzt? Falls nicht, wäre dieses Buch eine gute Idee! Denn dieser Kalender hat sie in sich: die Klangschätze der Kulturen. Und dieser kann zu jeder Jahreszeit, Monat und Tag aufgeschlagen werden.
Im Vorwort gibt uns Autor Stefan Franzen, der sich selbst zu den „Entdecker-Geistern” (S. 9) zählt, in blumiger Sprache die Hintergrund-Infos mit anschaulichen Vergleichen und zeigt uns damit auf: Dieses Buch ist ganz weit weg von einem Lexikon der Musik, wie man es sich im herkömmlichen Sinne vorstellt. Die Routen, die wir auf dieser Ohren-Weltreise entlangfahren, sind so gesteckt, dass kein Land zu kurz kommt und so ziemlich alle Genres berücksichtigt werden.
Seit vielen Jahren erkundet Franzen Musik auch jenseits von Rock, Pop sowie Klassik und machte sich für das kunstvolle Kalendarium auf, um das Besondere aufzuspüren. Stefan Franzen, 1968 geboren, studierter Musikwissenschaftler und Germanist, schrieb schon seine Magisterarbeit zu neuen Mischformen der deutschen Volks- und Popularmusik. Als freier Autor für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowie Journalist für Tageszeitungen ist er seit 2016 auch Jurymitglied beim PdSK (Preis der deutschen Schallplattenkritik).
Einige Beispiele: Am 15. Februar erwartet uns auf Seite 65 „die schönste Stimme Iberiens”: die vielseitige Sängerin Sílvia Pérez Cruz aus Katalonien, die an diesem Tag zufälligerweise Geburtstag hat. Kein Aprilscherz ist wahrlich Tanya Tagaq aus Kanada, die auf Seite 117 umfassend besprochen wird. Anlass hierfür: Am 1. April 1999, dem Nunavut Day, löste sich Nunavut, das heute autonome Territorium, von der kanadischen Provinz Northwest Territories und erhielt für seine Bewohner besondere Rechte.
Doch auch hierzulande, in deutschen Gefilden, bewegt sich Stefan Franzen gekonnt und stattet nicht nur bekannten, sondern auch dem Otto-Normal-Hörer eher unbekannten Musikern, wie z.B. dem in Freiburg im Breisgau lebenden Ralf Schmidt, am 19. Januar einen Besuch ab und trifft beim Interview ganz zufällig in einem Hotel auf Weltstar Ivan Lins, den brasilianischen Komponisten und Pianisten.
Eine Playlist mit 3 Codes zu Beginn des Buchs (S. 13) verweist auf die Songs bei Youtube, auf den Blog des Autors und Spotify. Die zugehörigen Schwarzweiß-Abbildungen sind sehr aussagekräftig, jedoch ohne Bildunterschrift, wobei man auf die Schnelle schon mal die Namen verwechseln kann. Beim Bilder-Duo auf S. 386 fragt man sich erst, wer ist nun wer? Zuvor wurde der als „Siegertyp aus Lissabon” bezeichnete Salvador Sobral aus Portugal vorgestellt. Gut, man könnte es anhand des Geburtsdatums erraten oder handelt es sich gar nicht um den beschriebenen ESC-Gewinner von S. 384? Die Bilder korrelieren also auf den ersten Blick nicht immer mit dem Text. Jedoch heißt es zum Schluss Aufatmen! Auf der letzten Seite stehen die gesamten Fotonachweise (S. 456). Wen es also brennend interessiert, der kann dort nachschlagen, um wen es sich genau handelt. Ab Seite 421 beginnt eine Danksagung, die von Anmerkungen (S. 423–455) abgelöst wird.
Fazit: Mit Ohren auf Weltreise kommen Sie sicher musikalisch durch das Jahr. Hunderte von Gesprächen mit Stars und unbekannten Talenten münden hier in ein Kalendarium der (Musik-)Kulturen. Ob am Anfang oder am Ende des Jahres dieses Buch ist stets die Reise wert. Ihre Ohren werden es Ihnen garantiert danken!
Rebecca D. Berg
Bochum, 5.02.2025