Das Händel-Lexikon / Hrsg. von Hans Joachim Marx. – Laaber: Laaber, 2011. – 825 S.: Abb. (Das Händel-Handbuch ; 6)
ISBN 978-3-89007-552-5 : € 110,00 (geb.)
Hätte das zurückliegende Händel-Gedenkjahr 2009 als Ertrag einzig das von Hans Joachim Marx herausgegebene sechsbändige Handbuch abgeworfen, so dürfte das Jubiläum schon als gewinnbringend zu bezeichnen gewesen sein. Denn wenn es bei einem Komponisten von Rang das Desiderat gab, über Jahrzehnte hin gewonnene Ergebnisse der Forschung zu Leben und Werk zusammen zu tragen und überschaubar zu machen, dann bei Georg Friedrich Händel (1685–1759). Während das Wissen über andere ,Großkünstler’ schon seit längerem in mancherlei Kompendien gebündelt vorliegt, in zwischen sogar mehrfach mit unterschiedlichem Erfolg synthetisiert worden ist, wurde ein verlässliches Nachschlagewerk zum ,Ganzen‘ Händel bislang entbehrt. Nach den voluminösen Überblicksdarstellungen als Teilen des Handbuchs, gewidmet jeden Opern, Oratorien, der Instrumentalmusik sowie Händel und seinen Zeitgenossen kann nun noch ein abschließendes Lexikon angezeigt werden.
Sein Herausgeber hat es sich zusammen mit einer Schar in- und ausländischer Autoren zur Aufgabe gemacht, in rund 800 Artikeln Händels Biografie, dessen OEuvre und die Wirkungsgeschichte der Kompositionen enzyklopädisch aufzubereiten. Die Lemmaselektion, von der das Gelingen eines derartigen Unternehmen in hohem Maße abhängig ist, mit der Lexikographen aber stets zu kämpfen haben, beeindruckt hier durch die klaren Kriterien, nach denen sie vorgenommen worden ist. Die biografischen Artikel sind auf Beiträge zu Personen aller Art konzentriert, die für Händels Schaffen zu seinen Lebzeiten von Belang waren. Zu den Werken werden neben entstehungsgeschichtlichen Grunddaten auch jeweils Spezifika der Kompositionsweise genannt. Besonderes Augenmerk wurde auf die Aufführungspraxis Händels gerichtet; Artikel etwa über Orchester und Chor seiner Zeit, Takt und Tempo oder Diminution stehen dafür. Neben Speziallemmata treten immer wieder übergreifende Stichworte; sie betreffen beispielsweise Händels Persönlichkeit, seine Schaffensweise, Abrisse der individuellen Auseinandersetzung Händels mit einzelnen Gattungen oder die Rezeption der Werke. Das alles gehört zum Kern der gegenwärtigen Kenntnisse. Eher an deren Rand, gleichwohl nicht ohne Belang, stehen Ausführungen zu herausragenden (aktuellen) Händel-Interpreten und zu wichtigen Forschern des 20. Jahrhunderts. Wichtiger sind demgegenüber ein aktuelles Werkverzeichnis sowie eine Chronik der Händelschen Vita.
Die Anschaffung gleich einer ganzen Serie von Handbüchern mag nicht jedermanns Sache sein. Aber das Händel-Lexikon in seiner kompakten, gehaltvollen und zuverlässigen Form der Informationsvermittlung darf geradezu als Muss einer wohl sortierten Musikbibliothek bezeichnet werden. Denn es bietet mehr als ein unkonturiertes Datengebirge oder beziehungslos aneinander gereihte Fakten, nämlich profiliertes, durch unzählige Querbezüge verbundenes, kennerhaft durchdrungenes Wissen. Mit seiner Verlässlichkeit bietet das Lexikon Nutzern die Gewähr, auf viele und vielerlei Fragen begründete Antworten zu erhalten, zumindest Wege aufgezeigt zu bekommen, wie zu solchen Antworten zu gelangen ist. Angesichts des höchst erfreulichen Abschlusses, den das Händel-Handbuch mit diesem Kompendium gefunden hat, möchte man in den Chor von Händels weltweit bekanntester Komposition einfallen: Halleluja!
Ulrich Konrad
zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 32 (2011), S. 192f.