Leon, Donna: Tiere und Töne – Auf Spurensuche in Händels Opern. Aus dem Amerikan. von Werner Schmitz. Bilder von Michael Sowa. – Zürich: Diogenes, 2010. – 144 S.: 1 Audio-CD
ISBN 978-3-257-06763-7 : € 19,90 (geb.)
Eine völlig unkriminologische Spurensuche der bekannten Autorin. Diesmal geht es um Fußabdrücke eines mehr oder weniger mythologischen Bestiariums in Händels Werken – nicht nur in Opern, auch in Oratorien. Die Spuren sind auch weniger in seiner Musik, sondern eher in seinen verwendeten Arientexten, also bei Händels Librettisten zu finden. Es geht um die Beobachtungen oder Projektionen, die Menschen immer schon in Tieren, ihrem Aussehen und ihren Verhaltensweisen gesehen haben – und wie sie sich hier wiederfinden. Das Motiv oder eine zusammenfassende Aussage für gerade diese Betrachtung bleiben unscharf, außer dass Donna Leon Händels Opern und mittelalterliche Buchmalerei liebt. Auch ihr Vorwort gibt da wenig Auskunft. Zu jeder der zwölf Tiergestalten wird ein Kapitel anhand einer Arie verfasst, eingeleitet durch deren Text im Original und in deutscher Übersetzung. Ausführliche Quellenangaben heben das Buch musikwissenschaftlich noch etwas mehr. In der darauf folgenden zoologisch-kulturhistorischen Kurzabhandlung zieht Frau Leon eine Verbindung von der Mythologie über die Bibel, die (vornehmlich) angelsächsische Literatur- und Malereigeschichte, manchmal gar über ihre früheren Kinderreime (die unübersetzt auch interessant wären, da sie im deutschsprachigen Raum nicht so bekannt sind) bis eben zu Händels Arientexten, in denen die Tiere als Symbol und Beispiel für die Gefühle und Taten der Protagonisten dienen. Alles durchaus fundiert und erhellend, aber doch nur stichpunktartig kurz. Zum Schluss immer noch ein Absatz über die Umsetzung in Musik durch Händel.
Die Buchmalerei übernimmt Michael Sowa wieder einmal mit seinen bunten, prachtvoll-naiven Miniaturgemälden. Er gab schon manchen solcher kleinen, handlichen Geschenkbüchlein den besonderen optischen Pfiff und setzt auch hier zu Frau Leons Texten eine eigenständige, freundlich-ironische Pointe. Dazu noch die Audio-CD mit allen zitierten Arien, eingespielt von Frau Leons bevorzugtem Ensemble „Il Complesso Barocco“, und eine angenehme Multimediaunterhaltung ist perfekt.
Vielleicht hat Frau Leon das ja gewollt: Man hört die Musik in einer ansprechenden Aufnahme, liest den Text für eine dazu passende homöopathische Prise Kulturgeschichte, und spätestens mit dem Bild sollte ein freundliches Lächeln erreicht worden sein.
Sebastian Kaindl
zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 32 (2011), S. 193f.