Brüggemann, Axel: Wagners Welt oder wie Deutschland zur Oper wurde. – Kassel: Bärenreiter, 2006. – 190 S.
ISBN 3-7618-1839-8 : € 19,95
In der immensen Flut von Wagner-Literatur nimmt sich Axel Brüggemanns neues Buch „Wagners Welt“ eher bescheiden aus. In sechs Kapiteln werden Wagners Vita und Werk dem Wagner-Verehrer und dem Wagner-Kritiker, dem Einsteiger und dem Fortgeschrittenen nahe gebracht (vgl. Rückseite des Buches). Dieser Sammlung kleiner Essays, die Wagners Lebens-, Leidens- und Schaffensgeschichte beleuchten, muss indes äußerst kritisch gegenüber gestanden werden. Um es vorweg zu nehmen: Das schmale Bändchen ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wurde. Die zahlreichen Fehler, die es enthält, sind so gravierend, dass es eigentlich gar nicht hätte veröffentlicht werden dürfen. So behauptet der Autor z. B., dass Wagner nicht in Leipzig, sondern in Dresden geboren wurde. Sein Vater sei nicht Friedrich Wagner, sondern Albert Wagner gewesen (S. 20). Albert war jedoch der Bruder Wagners. Die Aufführung des Tannhäuser in Paris wurde nicht von der Fürstin Metternich (S. 74), sondern von Napoleon III angeordnet. Wagner ist nie der Kompositionslehrer von Engelbert Humperdinck gewesen (S. 88) Humperdinck war Wagners Assistent beim Bayreuther Parsifal von 1882.
Neben diesen offensichtlichen Fehlern wartet der Autor auch mit sonstigen Ungenauigkeiten auf. Erheiternd ist, dass nach Brüggemann Wagner, Cosima und ein Hund nicht etwa im Garten von Wahnfried begraben liegen, sondern im Haus selbst (S. 17). Darüber hinaus kann der Autor oft nicht einmal richtig zitieren. So heißt es z. B., wenn Siegfried im ersten Aufzug Mimes Schmiede verlässt: „Auf, eile dich, Mime“ und nicht „ Auf, Mime, eile dich“ (S. 129). Die Werke Wagners scheint er nur oberflächlich zu kennen: Siegfried badet nur im Nibelungenlied, nicht aber in Wagners Oper im Blut des Drachen (S. 132) „Was deutsches Land heißt, stelle Kampfesscharen“ singt im Lohengrin nicht der Heerrufer (S. 20), sondern König Heinrich. Morold war nicht der Bruder von Isolde, sondern ihr Verlobter. Und Melot wird doch nicht von Tristan erstochen (S. 79). Teilweise stellt Brüggemann ehrenrührige Behauptungen auf, ohne einen Nachweis zu führen. Gravierend und unhaltbar ist z. B. der Vorwurf, Cosima sei von ihrem Vater Liszt und Wagners Schwestern seien von ihrem Stiefvater Ludwig Geyer missbraucht worden (S. 31). Die Liste der Fehler lässt sich noch fortsetzen. Dass ein freier Journalist wie Brüggemann so schludrig arbeitet, ist schlichtweg unglaublich. Mit diesem Buch hat sich der Autor nur selbst geschadet.
Ludwig Steinbach
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 28 (2007), S. 186f.