Michelle Marly: Die Diva. Maria Callas – die größte Sängerin ihrer Zeit und das Drama ihrer Liebe. Roman. – Berlin: Aufbau, 2020. – 419 S.
ISBN 978-3-7466-3522-4 : € 12,99 (Klappenbrosch.; auch als e-Book und Hörbuch)
Michelle Marly, die mit richtigem Namen Michaela Jary heißt, hat im Aufbau-Verlag bereits mehrere Bücher in der Reihe Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe veröffentlicht, z.B. über Edith Piaf und Coco Chanel. Bei aller Verehrung für diese beiden liegt ihr jedoch Maria Callas am meisten am Herzen, weil sie sich in ihrem Charakter auch selbst wiederfindet. In der Tat ist dieser Roman sehr persönlich. Er handelt nahezu ausschließlich vom Liebesdrama zwischen Maria Callas und Aristoteles Onassis. Die restliche Biografie von Maria Callas wird bestenfalls gestreift und auch die Welt der Oper hat in diesem Buch eine wesentlich nebensächlichere Rolle als man beim Namen Maria Callas annehmen darf. Allerdings war es auch die Absicht der Autorin, nur den kurzen Ausschnitt aus dem Leben der Callas zu beschreiben, in den die Liebesgeschichte fällt (1957-1969) und keine Biographie. Da Maria Callas während der Beziehung zu Onassis kaum gesungen hat, spielt die Musik leider keine Hauptrolle.
Laut Nachwort hält sich die Autorin fast immer an Fakten (mit einer Ausnahme); sie reichert diese Fakten aber mit sehr viel Dramatik an, was den Stil leider an den Rand des Kitschigen bringt. Das typische Jet-Set-Leben der Millionäre beschreibt sie – soweit ich das beurteilen kann – realistisch, allerdings bleibt der Leser des Öfteren außen vor, da diese Welt nicht die seine ist. Mir ist es leider nur selten gelungen, mich mit der Szenerie zu identifizieren, denn das Geschehen blieb an der Oberfläche. Die Auseinandersetzung mit dem Beruf und der Musik muss für eine solche Person eine größere Rolle gespielt haben, als es hier beschrieben wird. Selbst für eine gesundheitlich angegriffene Diva, die genügend Geld hat und noch dazu mit einem wenig musikinteressierten Multimillionär eine Beziehung eingeht, muss auch bei der allergrößten Liebe des Lebens das Aufgeben des Singens eine Sehnsuchtslücke hinterlassen.
Nach dem wunderschönen Schmöker über Edith Piaf ist dieses Buch über Maria Callas leider eher flach. Die Dramatik wirkt überzogen, und Maria Callas spielt die Hauptrolle in der Oper ihres eigenen Lebens, die den Libretti von Puccinis oder Verdis Opern recht ähnlich ist. Gegenspielerin zur sanften und emotionalen Callas ist Jackie Kennedy, die Aristoteles Onassis vor den Augen der Callas für sich einnimmt; sie scheint im dramatischen Sinne ein wesentlich stärkerer Charakter zu sein als Maria Callas, obwohl sie kaum im Buch vorkommt.
Unterhaltend ist das Buch in jedem Fall, aber leichte Kost und eben einfach nur eine Liebesgeschichte, in der die Hauptdarstellerin zufälligerweise die begnadetste Sängerin ihrer Zeit ist.
Barbara Wolf
Heidelberg, 27.06.2020