Michelle Marly: Madame Piaf und das Lied der Liebe. Roman – Berlin: Aufbau, 2019. – 448 S.
ISBN 978-3-7466-3481-4 : € 12,99 (Klappenbrosch.; auch als e-Book)
Der Titel des Buches Madame Piaf und das Lied der Liebe verrät dem, der die Chansons von Edith Piaf kennt, bereits einiges über dieses Buch. La vie en rose“ eines der erfolgreichsten Lieder der französischen Sängerin, ist Dreh- und Angelpunkt dieses Romans. Es ist das Lied ihrer Liebe zu Yves Montand; sie schrieb es selbst und möglicherweise ist es genau diese Authentizität, die es zu einem ihrer größten Erfolge machte. Wie dieses haben die meisten ihrer Lieder einen persönlichen Bezug.
Michelle Marly, hinter der sich die deutsche Bestsellerautorin Micaela Jary – Tochter des Komponisten Michael Jary – verbirgt, wählte nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben Edith Piafs als Grundlage für ihren Roman aus, wenngleich der Leser im Roman auch einiges nebenbei über ihre Kindheit erfährt und im Nachwort die tragische zweite Hälfte ihres Lebens zusammengefasst wird. „Der Aufstieg des Kindes von der Straße zu einer weltberühmten Ikone der französischen Musik, zu einer gebildeten, brillanten, intellektuellen Person faszinierte mich deutlich mehr als ihr trauriges Schicksal nach Marcel Cerdans Tod. Aber gerade die aufstrebende, hart arbeitende, energische und doch charmante Karrierefrau ist so gut wie niemals die Protagonistin all der Rückblicke, die es zu ihr gibt. Damit wird man ihr meines Erachtens aber nicht gerecht. Deshalb habe ich mich entschlossen, die strahlende Édith Piaf zu zeigen…“ schreibt die Autorin im Nachwort (S. 427-428). Ganz konkret spielt der Roman in der Zeit zwischen 1937 und 1946. Die Autorin hält sich relativ genau an biografische Fakten, schafft es aber auch mit etwas Fantasie und Emotion, diesen Fakten und Personen Leben und Dramatik einzuhauchen. Von Anfang an fühlt der Leser sich in Paris zu Hause und wird in den Bann dieser impulsiven und charmanten Frau gezogen, die nicht nur eine unglaubliche Karriere macht, sondern sich mit den Vorwürfen der Kollaboration auseinandersetzen und ein Auftrittsverbot fürchten muss.
Auf wenigen Seiten wird erzählt, wie Edith Piaf – la môme piaf (die Spatz-Göre) – in Paris zu einer erfolgreichen Sängerin und zu einer gestandenen erwachsenen Frau wird. Auf der Suche nach einem „Anheizer“ für ihr Programm begegnet sie Yves Montand, den sie ausbildet und fördert und später zu ihrem Geliebten macht. Diese wenigen Jahre, die diese Liebe andauert, erzählt die Autorin packend und emotional und jeder, der „La vie en rose“ kennt, versteht sofort, was das für eine Liebe gewesen sein muss. Es ist kaum zu glauben, dass nicht Yves Montand die große Liebe ihres Lebens gewesen ist, sondern Marcel Cerdan.
Es ist ein Schmöker, zweifelsohne, aber ein schöner, der ein reales Bild vermittelt von einer faszinierenden Person – nein, eigentlich von gleich zwei faszinierenden Personen, denn auch über Yves Montand lernt man einiges. Und es ist ein musikalisches Buch. Selten schafft es ein Autor, die Musik stetig mitklingen zu lassen – hier gelingt es. Wer Edith Piafs Chansons kennt, wird sie vermutlich beim Lesen automatisch im Unterbewusstsein mitsingen.
Barbara Wolf
Heidelberg, 20.06.2019