Tanja Conrad: Kleine Töne, große Wirkung. Musik als Schlüssel zum Familienglück [Barbara Schmidt]

Tanja Conrad: Kleine Töne, große Wirkung. Musik als Schlüssel zum Familienglück.– Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2024.– 202 S.: farb. Abb.
ISBN 978-3-525-40019-7 : € 25,00 (brosch., auch als eBook)

Wie gelingt ein harmonisches Miteinander in Familien, trotz beruflichem Stress und ellenlanger To-Do-Liste? Tanja Conrads Antwort ist: durch Musik.
Autorin Tanja Conrad hat zunächst Gesang, Musikpädagogik und später Journalismus studiert. Sie ist als Pädagogin und Trainerin für gewaltfreie Kommunikation mit Kindern tätig. Diese thematische Bandbreite ihrer Biografie spiegelt sich in ihrem Ratgeber, ihr erstes Buch, wider. Conrad versucht nach eigener Aussage „den Zauber der bindungs- und bedürfnisorientierten Erziehung mit dem der Musik zu einem Buch [zu] verschmelzen“. In acht Kapiteln wird ein weiter Bogen gespannt von den Herausforderungen des durchgetakteten Elternalltags, Werteorientierung, Bindungstheorie und bedürfnisorientierter Erziehung hin zu Musikpädagogik und -psychologie.

Der Begriff der bedürfnisorientierten Erziehung stammt ursprünglich aus dem Englischen: „attachement parenting“. Es sind pädagogische Grundsätze, die vom US-amerikanischen Kinderarzt William Sears in den 1980er Jahren entwickelt wurden. Die Förderung der Bindung von Kind zu der/den Bezugsperson/en steht im Fokus. Die Grundbedürfnisse aller Familienmitglieder sollen berücksichtigt werden. Entgegen den früher verbreiteten Ansichten, dass Babies z. B. alleine schlafen lernen müssen oder nur in festen Zeitrhythmus gestillt bzw. gefüttert werden dürfen, soll nun möglichst feinfühlig auf Kinder reagiert werden.

Wir finden in Conrads Buch zahlreiche Referenzen auf aktuelle Ansätze der Pädagogik/Psychologie aus dem Elternkosmos wie das „artgerecht“-Projekt von Nicola Schmidt, die Auseinandersetzung mit dem „inneren Kind“ nach Stefanie Stahl, die gewaltfreie Kommunikation von Marshall Rosenberg, auch den Begriff des „Mental load“ (in Deutschland geprägt von Patricia Cammerata) und viele andere mehr.

Unterbrochen werden die leicht verständlich formulierten Texte von Praxistipps wie z. B. Atemübungen, grafisch abgesetzt in „Taktinseln“ benannten Kästen. Dazu gehören QR-Codes, die zu Conrads Youtube-Kanal führen sollen. Diese funktionierten in wiederholten Tests nicht, der Link öffnet zwar den richtigen Channel, dieser enthält aber leider keines der im Buch erwähnten Videos.

Wo bleibt jetzt nun die Musik? Die Autorin verwendet zahlreiche musikalische Sprachbilder wie „Sich aufeinander einstimmen: gegenseitige Wertschätzung üben im Familien-Orchester“ (S. 91).

Inhaltlich erfahren wir erst in Kapitel 6 bis 8 (ab S. 129) mehr über die „Zauberkraft Musik“ (Klappentext). Conrad thematisiert die angeborene Musikalität aller Menschen und die Vorteile des Singens mit Kindern. Dabei verbindet sie gut lesbar Theorie mit Erzählungen aus dem eigenen Familienalltag und ihrer Beratungspraxis. Damit die lesende Elternschaft gleich die Tipps in die Tat umsetzen kann, stellt die Autorin sieben selbst komponierte Kinderlieder vor. Diese sollen Teil des vom Verlag angekündigten Online-Zusatzmaterials sein. Laut Beschreibung auf der Verlagswebsite ist erst eine Registrierung mit kompletter Anschrift nötig (nicht gerade datensparsam), danach soll der im Buch abgedruckte Code zum Download führen, das hat aber leider nicht geklappt, denn der entsprechende Menüpunkt fehlt, sehr schade!
Im Anhang-Teil finden die Leser weitere Literatur- und Medienhinweise sowie Links zum Thema Musik und Kinder.

Etwas mehr Sorgfalt bei der technischen Umsetzung und thematische Fokussierung hätte diesem Familienratgeber durchaus gutgetan. Tanja Conrads Ansatz, Musik in den Familienalltag zu integrieren, auch und gerade für Eltern, die bisher wenig Bezug zu Musik hatten, ist trotzdem lobenswert und lesenswert.

Barbara Schmidt
München, 20.09.2024

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