Der Rosenkavalier. Komödie für Musik von Hugo von Hofmannsthal Musik von Richard Strauss. Textfassungen und Zeilenkommentar / Hrsg. von Dirk O. Hoffmann; Ill. von Friederika Richter – Wien: Hollitzer, 2016. –279 S.: zahlr. Ill.
ISBN 978-3-99012-348-5 : € 39,90 (geb.)
Die Oper Der Rosenkavalier von Richard Strauss ist seit ihrer Dresdner Uraufführung 1911 von den Spielplänen der internationalen Opernhäuser nicht mehr wegzudenken. Bereits im Jahr der Uraufführung spielten sämtliche bedeutende Häuser das Werk nach, fast ausnahmslos mit großem Erfolg, der dem Werk bis heute treu geblieben ist. Dies ist keineswegs nur der vor Einfällen sprühenden Musik des bayerischen Komponisten zuzuschreiben, die eine Brücke von der Spätromantik zur Moderne schlägt und dabei raffiniert den Wiener Walzer verwendet, obwohl es den zu der Zeit, in der die Handlung spielt, noch gar nicht gegeben hat. Einen durchaus ebenbürtigen Anteil an der Qualität und dem Erfolg des Werkes hat das subtile Libretto Hugo von Hofmannsthals, dessen Qualität weit über das eines durchschnittlichen Operntextbuches hinausgeht. Da es im ständigen Dialog zwischen Dichter und Komponist entstanden ist, vereint es bis zu einem gewissen Grad die unterschiedlichen Temperamente der beiden Künstler, ist vielleicht gerade deshalb so vielschichtig.
Liebhaber des Werkes und Kenner des Textes sehen sich mit einer Vielfalt von Anspielungen, Orts-und Personenangaben konfrontiert, die nicht immer leicht aufzulösen sind, aber offensichtlich doch einen Bezug zum Wien Maria Theresias haben. Das im Wiener Verlag Hollitzer erschienene Buch unternimmt nun den Versuch, alle diese Feinheiten und kleinen Rätsel des Textes zu erklären und ihnen auf den Grund zu gehen. Endlich werden selbst so versteckte kleine Anspielungen wie die Erwähnung eines offenbar nicht sehr standhaften „Napolitanischen Generals“ durch die Marschallin historisch belegt und erklärt. Der Herausgeber Dirk O. Hoffmann gibt sich aber damit keineswegs zufrieden. Da bereits in der ersten Buchausgabe des Textes und der späteren Partitur erhebliche Abweichungen feststellbar sind, stellt Hoffmann die beiden Texte als Paralleldruck einander gegenüber, nicht ohne die jeweiligen Abweichungen zu erklären, bzw. zu kommentieren. Es fehlt auch nicht eine genaue Schilderung der Entstehungsgeschichte des Werkes von der ersten Idee bis zur Uraufführung. Kernstück und wichtigster Teil der Publikation ist allerdings der umfangreiche Zeilenkommentar, der wissenschaftlich akribisch jedem Detail des Textes nachspürt und ihn erklärt, was speziell für des Wienerischen nicht mächtige Leser bzw. Hörer eminent wichtig ist. Selbst als Kenner und Liebhaber des Werkes ist man überwältigt von der Fülle des Materials, das hier zusammengetragen wurde. Damit nicht genug stellt der Herausgeber auf seiner persönlichen Website noch weiterführendes Material zur Verfügung- allerdings fehlt leider der direkte link dazu, man muss einige Umwege gehen, um auf die Seite zu stoßen.
Die Ausgestaltung des Buches mit Aquarellen der Malerin Friederika Richter ist allerdings problematisch. Die zahlreichen Abbildungen, die sämtlich in zarten Pastelltönen gehalten sind, haben zwar durchaus Stil und verraten Geschmack und Einfühlsamkeit, aber sie geben dem Band doch leider einen bonbonfarbenen Charakter, der das ohnehin häufig- zu Unrecht- als Kitsch diffamierte Werk in diese Richtung zu rücken droht. Die Reproduktion historischer Dokumente, oder beispielsweise der legendären Roller’schen Figurinen wäre hier vielleicht angemessener gewesen. Trotzdem bleibt ein starker und positiver Gesamteindruck. Gerade in Zeiten, in denen die aktuelle Musiktheaterästhetik Werke bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, ist ein Buch, das erschöpfend über historische Hintergründe Auskunft gibt, besonders wertvoll.
Für alle Liebhaber des Werkes ein absolutes Muss und eine Bereicherung der Literatur über Strauss und Hofmannsthal!
Peter Sommeregger
Berlin, 03.12.2017