BUSONI, Freiheit für die Tonkunst! Ausstellungskatalog [Peter Sühring]

BUSONI, Freiheit für die Tonkunst! / Hrsg. im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz – Kassel: Bärenreiter, 2016. – 240 S.: Abb.
ISBN 978-3-7618-2436-8 : € 39,95 (geb.)

Nach der Ausstellung (s. info-netz-musik) nun der Katalog, der erst in den letzten Wochen vor der Finissage (8. Januar) erscheinen konnte. Aber diese im Impressum als „Publikation zur Ausstellung“ bezeichnete Veröffentlichung ist in der Tat mehr als ein Katalog, obwohl dieser Band mindestens alle Ausstellungs-Exponate und noch ein bisschen mehr in herrlichen, meist ganzseitigen Abbildungen enthält. Die aus den Beständen dreier Institutionen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin, der Kunstbibliothek und des Staatlichen Instituts für Musikforschung) zusammengetragenen Schätze zeigen Busoni als einen vielfältig interessierten und begabten Künstler, der allerdings all seine auch literarischen und bildnerischen Leidenschaften in die Musik projizierte. Für eine verständige Aufnahme seiner Werke hat das den vermeintlichen Nachteil, dass man fast ebenso vielseitig interessiert und versiert („gebildet“) sein müsste wie er, aber um diese Anforderung kommt man bei Busoni nicht herum. Das ganze Panorama seiner Interessen und Bezüge (der „Beziehungszauber“, um mit Thomas Mann zu sprechen) kommt hier voll zur Geltung und zum Tragen und muss vom Betrachter mit eingefangen und reflektiert werden.
Das Besondere dieser Publikation (die übrigens von ihrem Verleger weder dem Buchhandel und der Presse gegenüber, noch im Rahmen der online-Verschickung seiner Newsletters bisher angezeigt wurde) liegt über die vielsagenden Abbildungen (aus den Bereichen: Kindheit, Oper speziell zu dem Fragment Faust, Exil, Orchesterabende, Reisen, Sammeltätigkeit, Manet-Rezeption, Bearbeiter-Tätigkeit, Briefwechsel, Ästhetik und Lehrtätigkeit) hinaus darin, dass zu jedem dieser Rubriken nun Kurzessays von kompetenten Busoni-Kenner(inne)n abgedruckt sind, erhellende und lesenswerte Referate eines imaginären Busoni-Symposiums.
So ist dieser Band nicht nur für jene, die keine Möglichkeit hatten, die Ausstellung zu besuchen, sondern auch für deren Besucher zur Anschaffung und damit Inbesitznahme der dokumentierten Schätze und ihrer sachkundigen Kommentierung dringend zu empfehlen. Die Stadt Berlin und ihre Kulturinstitutionen haben zum 100. Todestag Busonis im Jahr 2024 eine erneute Chance, diesen universellen Künstler, der nicht bedingungslos, aber letztlich unwiderruflich in Berlin leben wollte und auch dort begraben ist, zu würdigen. Ansonsten aber gehört Busoni natürlich der ganzen Welt, wenn es auch momentan den Anschein hat, als drängte seine Musik an „taube Ohren der Geschlechter“.
Inhaltsverzeichnis

Peter Sühring
Bornheim, 16.02.2017

 

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