Lexikon der Musik der Renaissance / Hrsg. von Elisabeth Schmierer. 2 Bde. (A-K, L-Z) – Laaber: Laaber, 2012. – 701; 704 S.: 113 s/w Abb., 30 Notenbsp.; (Handbuch der Musik der Renaissance ; 6)
ISBN 978-3-89007-706-2 : € 256,00 (einzeln je € 128,00)
Musik der Renaissance von A bis Z: von Pietro Aaron [Aaron] bis zu Arnault de Zwolle. In 1.153 Artikeln wird in zwei Bänden auf insgesamt 1.405 Seiten unter dem Aspekt Musik ein ganzes Zeitalter besichtigt. 96 Autoren entfalten das faszinierende Panorama dieser Epoche. Im Wesentlichen geht es um das 15. und 16. Jahrhundert, wobei die Grenzen zu Recht nicht so eng gezogen sind. Denn natürlich haben musikalische Gattungen wie z.B. die Motette oder musiktheoretische und kompositionstechnische Gegebenheiten wie der Contrapunctus ihre Wurzeln in den vorangegangenen Jahrhunderten, während wiederum die Wiege der Oper zwar noch im 16. Jahrhundert steht, ihre Entwicklung aber erst in das 17. Jahrhundert fällt. In den einzelnen Artikeln werden Komponisten (ohne Werkverzeichnis, wohl aber mit Hinweisen auf Werk-Ausgaben und natürlich mit einem Literaturverzeichnis) und Musiktheoretiker vorgestellt, ferner musikgeschichtlich relevante Regionen bzw. Städte wie Venedig oder Wien, Gattungen wie die Motette oder der Türkenpsalm, Instrumente wie Laute, Pommer und Zink, kompositorische Verfahren und Notationen wie z.B die Mensuralnotation, Stimmgattungen, Satztechniken und Satzlehren, ausführende Musiker wie z.B. die Stadtpfeifer u.a. Aber auch Architektur, Buchillustrationen, Druckverfahren, Dichter wie Shakespeare, Luther und der Protestantismus u.ä. werden mit einem Artikel bedacht.
Stets gibt es Verweise auf relevante Literatur und besonders auch zu Sachverhalten, die den jeweiligen Gegenstand berühren und im Lexikon ebenfalls durch einen Artikel vertreten sind. Bei den Literaturhinweisen fehlt die wichtige Publikation von Laurenz Lütteken: Musik der Renaissance – Imagination und Wirklichkeit einer kulturellen Praxis (Bärenreiter/Metzler, 2011). Sehr informativ sind u.a. die Beiträge zur „Sozialgeschichte“ und zur „Rezeption der Renaissance“. Ärgerlich dagegen z.B. der Artikel zu Giulio Caccini. Nicht nur, dass sich der Autor einer unsachlichen Sprache bedient, wenn er schreibt (leider ein Beispiel unter vielen): „Caccini behauptete später, dass er von ihm [Scipione della Palle; I.A.] „die noble Art des Singens“ gelernt habe.“ Ja hat er nun oder hat er nicht? Nicht erwähnt wird, dass der Sänger, Gesangslehrer, Komponist und Instrumentalist Caccini auch Laute und Chitarrone spielte. In diesem Artikel sind leider zahlreiche sachliche Fehler. Caccini wurde nicht „im August 1592“, sondern erst am 25. Juli 1593 entlassen.1600 zum Leiter der Hofmusik der Medici ernannt, begleitete er im Dezember 1604 die königliche Familie nach Paris und kehrte mit ihr und der Hofmusik im März 1605 aus Paris zurück. Von einer beabsichtigten Reise nach England ‚sagen’ die Quellen nichts. Nichtssagende Informationen wie diese: „Er komponierte eine Menge an Musik…“ finden sich in diesem Artikel zu Hauf. Es fehlen exakte Hinweise auf die Bühnenwerke, z.B. auf L’Euridice. Leider erfährt der Leser auch nicht genau, was denn nun an Caccinis „Le nuove musiche“ so neu, so revolutionär war. Und, und…
Zahlreiche Artikel sind redaktionell nur flüchtig oder überhaupt nicht bearbeitet. Schade! Es ist zwar erfreulich, dass die meisten Autoren ihren jeweiligen Gegenstand „verständlich(e)“ und „mit wissenschaftlichem Anspruch“ (Vorwort) dargestellt haben, doch der Caccini-Artikel ist eben leider kein Einzelfall. Redaktionelle Sorgfalt vermisst man auch bei den Abbildungen, für die es übrigens kein Nachweisverzeichnis gibt. Dafür sind 14 Abbildungen überhaupt nicht nummeriert, während 21 zwar eine Nummer erhalten haben, doch die Nummer 1 gibt gleich sieben Mal usw. Dem Lexikon hat die Herausgeberin ein Vorwort vorangestellt, in dem sie kurz ihr Konzept erläutert. Es gibt ein Autoren-, ein Artikel- und ein Abkürzungsverzeichnis.
Ingeborg Allihn
Berlin, 07.09.2016