Luther, Einhard E.: Oper in Berlin. Heiß umkämpft und stets unter Feuer – Berlin: Pro BUSINESS, 2012. – 299 S.: s/w-Abb.
ISBN 978-3-86386-302-9 : € 29,90 (brosch.)
Der Autor ist nicht nur Berliner Opernfreunden seit Jahrzehnten als akribischer und streitbarer Chronist der Opern- und Gesangsgeschichte im Rundfunk bekannt. Lag der Schwerpunkt seiner bisherigen Publikationen bei der Beschäftigung mit dem Stimmfach Heldentenor, so hat er inzwischen die gesamte Operngeschichte Berlins von ihren kurfürstlichen Anfängen an ins Visier genommen. Auf mindestens drei Bände ist das Werk konzipiert, der erste Band soll hier gewürdigt werden.
Oper in Berlin hat es ja schon lange vor der Eröffnung des Opernhauses Unter den Linden gegeben, die Anfänge liegen bei Preußens erster, musischer Königin, Sophie-Charlotte. Bereits als Kurfürstin initiierte sie Singspiel-Aufführungen, die sie zum Teil vom Spinett aus selbst dirigierte. Von der kunstsinnigen Monarchin über den Kronprinzen und späteren König Friedrich bis zum Generalintendanten Botho von Hülsen ab 1851 schildert Luther die Entwicklung der Opernszene mit bewundernswertem Detailreichtum. Eine Vielzahl heute vergessener Namen von Komponisten, Sängern und Opernwerken werden erwähnt. Über sechzig Quellenwerke wurden ausgewertet, unzählige Abbildungen liebevoll zusammengetragen und in erfreulich guter Qualität reproduziert. Als roter Faden wird schnell das mit der Kunstform Oper wohl seit je untrennbare Intrigantentum erkennbar. Rivalisierende Sänger, Komponisten, Theaterleiter buhlten um die Gunst des jeweiligen Monarchen, der Hofgesellschaft, später auch des bürgerlichen Publikums. Zimperlich wurde dabei niemals vorgegangen, und so ist die Geschichte der Oper auch immer ein Stück Sozialgeschichte und Spiegelbild des Zeitgeschmacks und der jeweiligen Moden. Daraus resultiert auch der etwas hitzige Untertitel des Buches.
Ausführlich wird die Rezeption der Mozart’schen Opern in Berlin gewürdigt, man erfährt interessante Details, wie beispielsweise die Tatsache, dass Mozarts Witwe Konstanze 1796 bei einer Benefizvorstellung zu ihren Gunsten selbst als Sängerin auftrat. Unerwähnt bleibt auch nicht der Einfluss der Politik, die eine Rolle bis in die Besetzungen der Opern spielte. Ausführlich beschäftigt sich der Autor mit den Biographien so bedeutender Sängerinnen wie Margarethe Luise Schick, Henriette Sontag, Ann Milder-Hauptmann, über die, und speziell über deren Tätigkeit in Berlin bisher wenig bekannt war. Luther hat seine Quellen genau studiert und stellt ernüchtert fest, dass speziell jüngere Publikationen zum Teil sehr ungenau recherchiert sind und damit zum Teil ein verfälschtes und vereinfachtes Bild geben. Die Fülle genannter Namen von Sängern, Komponisten und Werken speziell des 18. Jahrhunderts wirkt zwar teilweise ein wenig ermüdend, bei der Behandlung des frühen 19. Jahrhunderts sind dem Leser die beschriebenen Personen und Werke aber schon eher bekannt; entsprechend interessierter folgt man der Schilderung. So erwartet man schon mit Spannung die Fortsetzung der Dokumentation, die eine deutliche Lücke in der Musikgeschichte Berlins schließen dürfte. Bei der Gestaltung des Umschlags sollte sich der Autor vorher besser beraten lassen.
Peter Sommeregger
Berlin, 14.03.2014