Klingberg, Michaela: Von der Barberina zu Barenboim. 270 Jahre Opernpolitik in Berlin.– Berlin: Nora, 2012. – 315 S.: Abb.
ISBN 978-3-86557-300-1 : € 23,00 (kart.)
Die Kunstform Oper kann in Berlin bereits auf eine lange Tradition zurückblicken, die mit der Eröffnung des Königlichen Opernhauses 1742 einen ersten Höhepunkt erreichte. In der Folge entwickelten sich parallel dazu weitere Bühnen, die ebenfalls ganz oder teilweise als Opernhaus genutzt wurden. Bereits im frühen 19. Jahrhundert warf dies die Frage der Koordinierung von Spielplänen und besserer Nutzung von Ressourcen auf. August Wilhelm Iffland fungierte ab 1809 als Generaldirektor sowohl des Königlichen Opernhauses als auch des von Langhans erbauten Nationaltheaters. Ein Modell, das verschiedentlich über die Jahrhunderte erprobt, ebenso oft aber auch wieder verworfen wurde.
Die Publizistin Michaela Klingberg hat nun in dem vorliegenden Buch versucht, gleichsam einen roten Faden durch die wechselvolle Geschichte der unterschiedlichen Bühnen und ihrer Positionen innerhalb der wechselnden politischen Verhältnisse zu ziehen. Sehr bald wird so erkennbar, dass die heutige, unbefriedigende Konstellation der Berliner Häuser untereinander keineswegs ein Novum ist. Dies gilt ebenso für die baulichen Veränderungen an den einzelnen Häusern, allein das ursprüngliche Königliche Opernhaus wurde bis heute unzählige Male baulich verändert, nicht immer zu seinem Vorteil. Es gab auch schon einmal, zwischen 1905 und 1911 eine Komische Oper in Berlin, der aus finanziellen Gründen keine längere Lebensdauer beschieden war. Die heutige Komische Oper, 1947 vom bedeutenden Regisseur Walter Felsenstein im Gebäude des ehemaligen Metropol-Theaters eröffnet, kann sich im Gegensatz dazu bis heute gut behaupten.
Auch die Deutsche Oper war bereits mehrfach von Schließung bedroht. In der Zeit der Teilung Berlins konnte sich dieses Haus durch extrem hohe Subventionen allerdings bestens positionieren. Nach der Wiedervereinigung der Stadthälften besaß Berlin wieder drei Opernhäuser, und bisher scheiterten alle Versuche, durch eine behutsame Reform sowohl die Finanzierung der Betriebe als auch ihre Struktur zu verbessern. Vielfach hat hier die Politik durch personelle Fehlentscheidungen im Künstlerischen und personelle Fehlbesetzungen im Politischen großen Schaden angerichtet. Ein frühes Beispiel dafür ist das Engagement der gefeierten Tänzerin Barbara Campanini, der “Barberina“ durch Friedrich den Großen. Die Künstlerin wollte das Engagement auf einmal doch nicht antreten und konnte erst durch ihre Verhaftung und Auslieferung nach Berlin gefügig gemacht werden.
Mehr denn je ist die Opernfrage ein Politikum, und Klaus Wowereit, der gegenwärtige Regierende Bürgermeister, der gleichzeitig auch Kultursenator ist, zeigt sich Reformen gegenüber äußerst hartleibig. Eine eindeutige Bevorzugung der Staatsoper Unter den Linden, deren Träger der Bund ist, trägt künstlerisch keinesfalls die erhofften Früchte, und mit der zwar nötigen, offensichtlich aber unprofessionell gehandhabten Generalsanierung des Stammhauses, sowie dem Festhalten an dem Generalmusikdirektor Daniel Barenboim über Jahrzehnte erweist man dem Institut einen Bärendienst.
Speziell der jüngeren Operngeschichte gibt die Autorin breiten Raum, ergänzt ihren Text noch durch den Abdruck von Interviews und Zeitungsartikeln, was des Guten manchmal ein bisschen zu viel erscheint. Leider unterlaufen ihr auch einige Flüchtigkeitsfehler, die aber insgesamt den Eindruck des gut recherchierten Buches nicht schmälern. Man kann sich der Meinung der Autorin nur anschließen: Die Darstellung der Berliner Operngeschichte zeigt, dass alle bisherigen Bemühungen, eine Lösung für die vorhandenen Strukturprobleme zu finden, gescheitert sind.
Peter Sommeregger
Berlin, 03.04.2013