Feste – Opern – Prozessionen. Musik als kulturelle Repräsentation / Hrsg. von Katharina Hottmann und Christine Siegert. – Hildesheim: Olms, 2008. – 204 S.: 8 s/w-Abb., 7 Notenbsp. (Jahrbuch Musik und Gender ; 1)
ISBN 978-3-487-13865 : € 25,00 (Pb.)
Die Musikwissenschaft ist um ein Jahrbuch reicher: Das Forschungszentrum Musik und Gender und die Fachgruppe Frauen- und Genderstudien in der Gesellschaft für Musikwissenschaft (GfM) haben den ersten Band eines Jahrbuchs „Musik und Gender“ vorgelegt. Für die Herausgeber ist dies ein sicheres Zeichen, dass ihr Forschungsfeld nun endgültig etabliert ist. Angesichts dieses Postulats verwundert es, dass die Autoren stellenweise in einen kämpferisch-rechtfertigenden Ton verfallen: Die Rede ist von der jetzigen Forschergeneration „die die Verstetigung dieser Etablierung wird durchkämpfen müssen“ (S. 9) und davon, dass „sich die Genderforschung als Kulturforschung erst im Kanon der Forschungsthemen etablieren“ muss (S. 166). Überzeugend ist hingegen die gut durchdachte Struktur des Jahrbuchs, das nicht nur das Fachpublikum anspricht, sondern insbesondere auch für Leser interessant ist, die einen Einstieg in diesen Forschungsbereich der Musikwissenschaft suchen. Neben einem Aufsatzteil, der sich jährlich wechselnden Themen widmen wird, bietet der aktuelle Teil Berichte über Tagungen, Kongresse und Lehrveranstaltlungen, Rezensionen (Buch, Noten, CDs) sowie eine Neuerscheinungsliste. Besonders anschaulich ist die Rubrik „Fundstücke“, die interessante historische Dokumente und Quellen zur Frauen- und Genderforschung präsentiert, wie z. B. im vorliegenden Band G. Ch. Lehms Künstlerinnenanthologie Teutschlands Galante Poetinnen von 1715. Wer bisher nicht viel mit „Genderforschung“ anfangen konnte, erhält hier einen guten Überblick über die Themen, Aktivitäten und Selbstreflexionen der Wissenschaft. J. O. Deckers Buch über Madonna Where’s that girl wird ebenso besprochen wie die Notenausgabe von Adriana Hölzskys Werk like a bird oder Cecilia Bartolis CD Maria (Malibran). Als Thema des Aufsatzteils wurde Musik als kulturelle Repräsentation im Rahmen von Festen, Opern, Prozessionen und Ritualen gewählt. Die Aufsätze spannen dabei einen Bogen von der Renaissance bis zur Moderne und spiegeln so die Breite des Forschungsfelds wieder: von der Musik zum Begräbnis der Herzogswitwe Magdalena Sibylla von Württemberg (1712) über die musikalischen Aktivitäten im Umfeld der Geburt von Erzherzogin Maria Theresa (1767) bis zum Frauenbild in festlichen Kantaten der frühen DDR.
Mit dem Jahrbuch Musik und Gender wurde sowohl eine (nun jährlich erscheinende) Selbstdarstellung des Fachbereichs als auch ein Forum für das Fachpublikum vorgelegt. Wegen der spezifischen Neuerscheinungsliste und dem Rezensionssteil kann es für Bibliotheken eine nützliche Anschaffung sein, wenn man seinen Nutzern auch Literatur über diesen Ansatz der Musik- und Kulturwissenschaft bieten möchte.
Eva Schütz
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 30 (2009), S. 151