Geck, Martin: Richard Wagner. Biographie – München: Siedler, 2012.- 416 S.: Abb.
ISBN 978-3-88680-927-1 : € 24,99 (geb.; auch als e-book erhältl.)
Martin Geck, renommierter Musikwissenschaftler und erfolgreicher Autor, gilt als profunder Kenner des Wagnerschen Werkes, war er doch schon 1966 Gründungsredakteur der aktuellen Richard-Wagner-Gesamtausgabe. 2004 legte er eine Wagner-Biographie vor, sein neuestes Buch ist praktisch die Summe seiner lebenslangen Beschäftigung mit diesem Komponisten.
Das vorliegende Werk ist keine Biographie im herkömmlichen Sinn, vielmehr eine tief greifende Werkanalyse, die notwendigerweise immer wieder biographische Details mit einfließen lässt. Es ist in 14 Kapitel gegliedert, bis auf das letzte, zusammenfassende, ist jedes einer der 13 vollendeten Opern Wagners gewidmet, und schließt Wagners Lebenssituation der Entstehungszeit ein. Am Ende jedes Kapitels fügt der Autor ein „a propos“ an, das jeweils als Exkurs das spezielle Verhältnis eines Zeitgenossen, oder aber eines späteren Interpreten zu Wagner beleuchtet. Hier schöpft Geck nicht nur aus seiner Kennerschaft des Werkes, er greift gleichzeitig praktisch auf die gesamte relevante Literatur, auch neuesten Datums zurück. Das ist insofern reizvoll, als jederzeit die Perspektive des Autors durch die Einführung abweichender Meinungen konterkariert wird. Gleichzeitig erschwert es dem Leser aber die Konzentration auf den Text, zeitweise droht man den Überblick über die komplexen Gedankengänge und Deutungen zu verlieren. Es geht bei Wagner schließlich stets ums Ganze, um die Idee eines Gesamtkunstwerkes, und da scheiden sich damals wie heute die Geister.
Geck analysiert Wagners Werk unter musikwissenschaftlichen, philosophischen und zeitgeschichtlichen Aspekten. Immer wieder hinterfragt er aber gleichzeitig die gewonnenen Erkenntnisse und regt so den Leser zu Kritik und Reflexion an. Geck sieht sich als Dolmetscher zwischen Wagner und dem Leser, setzt gleichzeitig aber auch umfangreiche Vorkenntnisse voraus. Ohne Basiswissen wäre man von der Fülle des Gedankengutes und der Sprachmächtigkeit des Autors schnell überfordert. Dem Vorgebildeten aber ist das Buch eine große Hilfe bei der Vertiefung des eigenen Wissens und regt durch die vielen Zitate auch die Beschäftigung mit der schier unüberschaubaren existierenden Wagner-Literatur an. Mehrere Wagner-Porträts, Notenbeispiele und Faksimiles stellen eine wichtige Ergänzung des Textes dar.
Der bibliographische Anhang des Buches, der immerhin zwanzig Seiten einnimmt, ist ein weiterer Pluspunkt, ebenso ein komplettes Werkverzeichnis Wagners nach dem letzten Stand der Forschung.
Geck legt mit diesem Buch die mit Sicherheit fesselndste und kompetenteste Publikation zum Wagner-Jubiläumsjahr vor.
Peter Sommeregger
Berlin, 07.03.2013