Kreisler, Sandra: Das Chansonbuch. Interpretation und Bühnenpräsentation. – Leipzig: Henschel, 2012 – 191 S.
ISBN 978-3-89487-718-7 : € 16,90 (geb.)
Ja, sie ist die Tochter des allseits bekannten Chanson-Gurus Georg Kreisler und der Sängerin Topsy Küppers . Aber das allein berechtigt einen noch nicht dazu, DAS Chansonbuch zu schreiben. Dafür ist Sandra Kreisler (*1961) selbst seit Jahren erfolgreich als Schauspielerin und Diseuse in der deutschsprachigen Chanson- und Kabarettszene aktiv. Nun gibt sie ihre Erfahrungen und Geheimtipps bereitwillig weiter. Genauso scharfzüngig und kraftvoll, wie sie auf der Bühne agiert, liest sich auch dieses Buch.
Als Königsdisziplin im Bereich der Interpretation soll sie gelten, die Kunst des Chansongesangs. Dies in verschiedenen Facetten den Lesern näher zu bringen, hat sich Sandra Kreisler zur Aufgabe gemacht. Bestimmt ist das Werk für all jene, die sich vor einer größeren Öffentlichkeit bewegen möchten, z. B. Sänger aller Sparten, Schauspieler und Moderatoren. Denn sie haben alle eines gemeinsam: Sie müssen Texte interpretieren. Ihr persönlicher Leitfaden ist formal aufgebaut wie ein musikdramatisches Werk. Es beginnt mit einer Ouvertüre, zieht sich über drei Akte hin und enthält sogar eine Applaus- und Zugabenrubrik.
Mit direkten Worten und sichtlichem Sachverstand bekommen alle Interpretationswilligen erklärt, wie man lernt, sich musikalisch und inhaltlich am besten zu präsentieren. Daneben werden verwandte Bühnenthemen, wie Maske, Kostüm und Dramaturgie behandelt. Spezielle Fragestellungen sind auch: Wie finde ich das Lied, das zu mir passt? Was lese ich zwischen den Zeilen heraus? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Begleitmusikern? Wie behalte ich auf der Bühne die Nerven? Für all diese Fragen hält die Autorin die passende Antwort parat. Beispielhaft führt sie dazu etliche, zumeist bekannte Chansons an. Zum Beispiel vom bekannten Duo Bertolt Brecht und Kurt Weill. Und natürlich erhalten auch die Stücke Georg Kreislers ihren Platz.
Manche der beschriebenen Hürden, die im Leben eines Interpreten auftauchen können, erscheinen einem als Leser zunächst fast unüberwindbar. Doch dank wertvoller Tipps, die einem an die Hand gegeben werden, sind auch sie zu meistern. Eine direkte Ansprache – schon auch mal mit dem erhobenen Zeigefinger – sorgt dafür, dass man sich mitunter so vorkommt, als befände man sich inmitten einer Gesangsstunde von Frau Kreisler, in der sie nicht gerade zimperlich mit dem Schüler umgeht. Auch an Wiederholungen mangelt es nicht in diesem Buch. Aber das ist schließlich so gewollt: „Ich werde mich oft wiederholen. Das liegt daran, dass ich beim Unterrichten immer wieder Punkte gesehen habe, die man gar nicht oft genug sagen kann“ (S. 13), betont Kreisler. – Für viele sicher Motivation, könnten andere wiederum fragen, ob die Publikation nun für Laien oder Profis geschrieben ist?
Fakt ist: Das Training dürfte zumindest keinem schaden. Chanson-Coach Kreisler weiß, wovon sie schreibt und berichtet auch von ihren individuellen Erfahrungen in diesem Beruf. Gerade für Einsteiger könnte diese Anleitung sehr wertvoll sein. Genauso darf man darf sich auch über den ein oder anderen Schwank freuen, in dem sie charmant vom bewegten Bühnenleben erzählt.
Quintessenz: Interpreten sollten immer davon überzeugt sein, dass sie etwas Wichtiges und Spannendes zu sagen haben. Die wichtigsten Tipps sind noch mal auf den letzten fünf Seiten zusammengefasst – falls es auf der Bühne mal schnell gehen muss.
Rebecca Berg
Frankfurt a. M., 04.11.2012