H.C. Robbins Landon: Wolfgang Amadeus Mozart. Höhepunkte eines Künstlerlebens.

Robbins Landon, H.C.: Wolfgang Amadeus Mozart. Höhepunkte eines Künstlerlebens. Aus dem Engl. von Christine Mrowitz – München: Bassermann, 2005. – 272 S.: 215 Abb., davon 32 in Farbe
ISBN 10: 3-8094-1906-0; ISBN 13: 978-3-8094-1906-8 : € 16,95 (geb.)

Der verdienstvolle Haydn-Forscher Robbins Landon, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, legte 1989 in London ein Mozart-Buch unter dem Titel The golden years vor, das nun in deutscher Übersetzung erschienen ist. Wenn in dem in die Übersetzung übernommenen Vorwort mit der Datierung 1988 der neueste Stand der Forschung suggeriert wird, muss sich der Leser von heute dessen bewusst bleiben, dass der Text fast zwei Jahrzehnte alt ist. So erscheint es nicht leicht verständlich, warum jetzt eine Übersetzung erscheint, zumal die deutsche Fassung ein mixtum compositum darstellt, da sie z.T. für den interessierten Laien (mit einigen Vorkenntnissen) bestimmt ist, zum anderen aber für den Musikwissenschaftler.
Der Autor bemüht sich, eine Art Überblick über Mozarts Leben und Schaffen zu geben, in dem aber vieles überschlagen (und z.B. die Biographie im Todesjahr so gut wie gar nicht behandelt) wird oder unterbelichtet bleibt und er oft genug über eine nüchterne Aneinanderreihung bekannter Fakten nicht hinauskommt; hier sind dann auch sehr viele Zitate eingestreut, die er z.T. seitenweise aus der Brief-Gesamtausgabe übernimmt, allerdings ohne sie immer hinreichend zu kommentieren – vieles daraus dürfte dem Laien unverständlich sein.
Der Musikwissenschaftler wird gelangweilt über diese Briefstellen hinweggehen, da sie ihm im Allgemeinen bekannt sind. Für ihn sind aber detaillierte Ausführungen über spezielle Details von Interesse, so z.B. über das Verhältnis Haydn – Mozart, über die Stopftöne der damaligen Horn-Instrumente wie auch über die Familie Esterházy. Ob der interessierte Laie auch mit den Notenbeispielen etwas anfangen kann, ist wohl zu bezweifeln; Erklärungen mit Taktangaben, die immerhin den Besitz von Partituren voraussetzen, dürften ihm aber nicht nachvollziehbar sein. Wohl auch nur für den Wissenschaftler interessant sind die Partien, in denen der Autor eigene Forschungen referiert und dabei einige neue Details bekannt macht (auch wenn die „Ich“-Form dieser Berichte dem Rezensenten etwas prätentiös erscheint). Doch sind die im Anhang abgedruckten Quellen wie die Auswertung von Sekundärliteratur aus „kleinen“ englischen Zeitschriften, die in Deutschland schwer zugänglich sind, zu begrüßen.
Hier zeigt sich, dass das Buch für ein englisches Publikum geschrieben wurde. Möglicherweise sind speziell für dieses auch summarische Musik-Beschreibungen gedacht, die im Deutschen platt und banal wirken: so wenn „eine (Symphonie) schöner als die andere“ bezeichnet wird (S. 16) oder von „der Wärme und herbstlichen Schönheit“ der Symphonie KV 543 die Rede ist (S. 198). Oder: „Das g-Moll-Quintett (KV 516) spiegelt Mozarts persönliches Schicksal wider: Das Musikgenie dieser Zeit wurde nicht mehr verstanden, sogar abgelehnt und geriet zwangsläufig immer mehr in Schulden“ (S. 193) – nicht nur bei diesem trivialen ‚Kurzschluss’ hätte das Lektorat eingreifen müssen, auch die Irreführung des Lesers, wenn eine ganze Werkgruppe in einer Kapitelüberschrift genannt, aber dann so gut wie gar nicht behandelt wird (Haydn-Quartette, S. 143), wäre zu vermeiden gewesen, ebenso auch der Ratschlag des Autors an den Komponisten, dass der väterliche Ratschläge hätte befolgen sollen (S. 129).
So hinterlässt das etwas ungleichgewichtige und inhomogene Buch einen zwiespältigen Eindruck; am Schluss auch registriert man erst – durchaus leicht verstimmt –, dass mit den „Höhepunkten“ im deutschen Titel der tendenzielle ‚patchwork’-Charakter umschrieben ist. Doch sind die zahlreichen (z.T. auch ‚neuen’) Bild-Reproduktionen, die auf dem Kunstdruckpapier sehr schön zur Geltung kommen, hervorzuheben – allerdings ist doch zu bedauern, dass die Künstlernamen der Abbildungen nicht in das Personenverzeichnis aufgenommen wurden.

Hans-Günter Klein
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S. 54f.

 

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