Marchl, Sandra: Alma Mahler-Werfel in der Biographik. Die Dekonstruktion einer Legende. – Graz: Grazer Universitätsverl., 2009. – 200 S. (Habilitationen, Dissertationen und Diplomarbeiten ; 24)
ISBN 978-3-7011-0154-2 : € 24,50 (kart.)
In der der vorliegenden Veröffentlichung wird Alma Schindler-Mahler-Gropius-Werfel (1879–1964) konsequent wissenschaftlich beleuchtet. Als Lichtgestalt der Kulturszene lockte sie wie keine zweite die Biographen auf den Plan. Bunt war ihr Leben und vielschichtig die damit verbundene Berichterstattung. Somit hat die Autorin ein weites Feld zu besorgen, um in wissenschaftlich genauer Analyse und Sicht der Dinge dem Phänomen Alma auf die Spur zu kommen. Gleichzeitig wird der Schwerpunkt wissenschaftliche Biographik dem noch unkundigen Leser eindrucksvoll vorgeführt. Konkrete Fakten werden gegen Fiktion abgewogen, jede Quelle auf ihren Wahrheitsgehalt durchleuchtet. Beeindruckt ist die Rez. von der ganz eigenen Wissenschaftssprache dieses Fachgebietes. Ebenso von der Stringenz der Beweisführung vorbei an allem Tand und Schein, der sich in den vergangenen Jahrzehnten um die Kultfigur Alma aufgebaut hatte. Unerbittlich holt die Autorin Alma von ihrem selbst gezimmerten Thron. Eine lohnende Lektüre für alle, die das Fach Biographik kennenlernen wollen und für alle diejenigen, die der Fiktion Alma nie so recht über den Weg trauten.
Die vorliegende Veröffentlichung stellt neben der Auseinandersetzung mit der farbenfrohen Alma Mahler eine Auseinandersetzung mit dem Fach Biographik an sich dar. Gestartet war dieses mit dem großen Erfolg, den die Veröffentlichung historischer Biographien in den Zwanziger Jahren erzielen konnten. Derzeit seien diese eher der Populärwissenschaft zuzuordnen. Der deutschsprachige Kulturraum habe eine Art ‚literarischer Biographik’ ausgeprägt. (alle Angaben S. 39) So bekannte Autoren wie „Peter Härtling (Höderlin), Wolfgang Hildesheimer (Mozart) und Dieter Kühn (Ich Wolkenstein)“ haben die Schreibtechnik aus der Romantik in die Biographik überführt. In diesem Zusammenhang fallen Begriffe wie: ‚Metanarrative Passagen’, ‚offene, diskontinuierliche und dialogische Verfahren’ und ,bewusstes Spiel zwischen eingestandener Subjektivität und angestrebter Objektivität’. (S. 39) Das führt zurück zur Protagonistin. Bereits die äußere Aufmachung der Biographie zu Alma Mahler weisen „belletristische und hybride Gestaltung“ auf, so u.a. in den verwendeten Bildern und den Klappentexten. „Metaphorische Titel und Untertitel“ verweisen auf die „fiktionale Geschichtsdarstellung“ hin. Dieses Muster greift auch Oliver Hilmes in seiner Alma-Biographie auf mit dem Titel: Witwe im Wahn (Rez. s. FM 31 (2010), S. 269 f.) auf. „Dieser ist einerseits reißerisch, legt aber[…] die pathographische Grundtendenz der Biografie offen.“ (S. 41)
Eine anspruchsvolle Lektüre, sehr lehrreich, sensibilisiert den Leser der unterschiedlichsten Biografien für das Fach Biografik. Umfangreiches Literaturverzeichnis. Lesenswert.
Bettina von Seyfried
zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 32 (2011), S.