Andrew Zuckerman: Musik [Rebecca Berg]

Andrew Zuckerman: Musik / Hrsg. von Alex Vlack. Aus dem Engl. übers. von Martin Rometsch – München: Knesebeck, 2011. – 228 S.: Farb- und s/w-Fotos
ISBN 978-3-86873-373-0 : € 49,95 (geb.)

Quadratische 30 mal 30 Zentimeter! Das ist selbst für einen Bildband eine stattliche Größe. Doch „Musik“ besticht nicht nur durch Überdimension. Zugegeben, der Titel gibt per se schon Einiges her und lässt in der Ausführung gewissen Spielraum. Entschieden haben sich Autor Andrew Zuckerman und Herausgeber Alex Vlack für eine Publikation, in der sie 52 Künstler, darunter Musiker, Komponisten und Produzenten, aus verschiedenen Genres vorstellen: Die Portrait-Palette reicht von Rock über Reggae bis Rap, von Weltmusik bis hin zu Klassik und Jazz.
Manch einer mag sich fragen: Wer sind all diese Leute? Auf dem Cover blickt einem Ozzy Osbourne entgegen. Klar, den kennt man noch. Bei den anderen kommt man beim ersten Hinschauen schwer ins Grübeln. Doch das macht die Sache umso spannender. Zuckerman, seines Zeichens Fotograf und Regisseur, zeigt jeden Künstler in der so genannten Close-up-Technik – einer Technik, die zu seinem Markenzeichen wurde und die Menschen in Großaufnahme enthüllt, ungeschönt und ohne Photoshop-Pimping.
Neben einem aussagekräftigen Bild erhält jeder von ihnen einen fettgedruckten prägnanten Satz und wird auf der Folgeseite ausführlich vorgestellt. Während des Fotoshootings sprach Zuckermann mit ihnen über die Art, wie sie spielen, performen, komponieren, Songtexte schreiben und nicht zuletzt, was Musik ihnen bedeutet. Die verwendeten Darstellungsformen reichen vom reinen Info-Text bis zum spannenden Interview. Unter den Portraitierten sind viele altgediente Stars, wie Iggy Pop, Ornette Coleman, Herby Hancock oder Dave Brubeck. Aber auch einige wenige junge Musiker kommen zu Wort, wie z. B. Ezra Koenig von Vampire Weekend oder John Legend. Dass nach dem Portrait von Ben Gibbard, dem Gründer der Alternative Rockband Death Cab for Cutie, der Komponist von mehr als zwanzig Opern und acht Symphonien, Philip Glass, seinen Platz einnimmt, ist ebenso außergewöhnlich wie genial. Oder nehmen wir das Gesicht von Ziggy Marley, der seinem Vater zum Verwechseln ähnlich sieht – eine Auswahl mit Aha-Effekt.
Bei einer Frauenquote von knapp zwanzig Prozent, genauer gesagt, neun Künstlerinnen, unter denen sich immerhin Yoko Ono und Sinéad O’Connor befinden, hätte ein Zuwachs an Damen sicher auch aus optischen Gründen nicht geschadet. Oder sträubten sich diese vielleicht gegen das fotografische Nahaufnahmeverfahren? Immerhin, fünf Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf der Publikation gehen an Wohltätigkeitsorganisationen, welche die ausgewählten Künstler bestimmen. Als kleines Schmankerl liegt jedem Buch ein Download-Code bei, unter dem man sich einen 50-minütigen Film mit einem Zusammenschnitt der Interviews herunterladen kann. Kurze Biografien im hinteren Teil stillen den Wissensdurst all derer, die noch ein bisschen mehr erfahren wollen, mit wem sie es gerade zu tun hatten.
So verschieden die dargestellten Künstler auch sein mögen, ihr Leben ist Musik. Und die erfährt durch das vorliegende Buch eine ehrenvolle Anerkennung. Fazit: Besondere Bilder und individuelle Auffassungen über die Bedeutung einer klingenden Kunstform mit Tradition.

Rebecca Berg
Frankfurt, 02.06. 2012

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