Burger, Ernst: Franz Liszt. Leben und Sterben in Bayreuth. Mit Lina Schmalhausens Tagebuch über Liszts letzte Tage – Regensburg: ConBrio, 2011. – 154 S.: Ill.
ISBN 978-3-940768-26-1 : € 19,90 (geb.)
Nach seinen bereits vielfach preisgekrönten Publikationen legte der Münchner Pianist und profilierte Liszt-Kenner Ernst Burger im Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag von Franz Liszt (1811-1886) neben einem Dokumentarband über Liszts Zeit in Rom sowie einem Katalog seiner Ausstellung in der Villa d’Este einen lesenswerten Band über Liszts Leben und Sterben in Bayreuth vor.
Auch wenn es sich mehrheitlich um bereits edierte Texte handelt, so ist die Akribie und Zuverlässigkeit, mit der Burger diese in den Kontext zu Liszts Sterben, seinen Schülerinnen und Schülern, aber auch zu seiner Tochter Cosima stellt, nicht hoch genug einzuschätzen. Burger berichtigt vor allem die bisher bekannte von Alan Walker sehr fehlerhaft edierte Version aus dem Jahr 2002 von Lina Schmalhausens Tagebuch über Liszts letzte Tage in Bayreuth. Das bisweilen naiv klingende Tagebuch der Liszt-Schülerin liegt hier erstmals vollständig in der deutschen Originalsprache vor. Burger stellt dem Text zwei wichtige kritische Seiten zur hingebungsvollen Liszt-Verehrerin selbst und der Einschätzung ihrer Glaubwürdigkeit beim Urteilen über Personen aus Liszts Umkreis voran. Ihrem Bericht über Liszts langes Sterben im Nachbarhaus zu Wahnfried stellt Burger die wenig bekannten Schilderungen von Richard Wagners langjährigem Diener und Faktotum Bernd Schnappauf prüfend gegenüber.
Für das behandelte Thema ist es äußerst sinnvoll, dass Burger auch August Göllerichs (Liszts Sekretär und Schüler in Wien) bereits 1908 erschienenen Bericht über Liszts zehn letzte Lebenstage integriert und den beiden genannten Schilderungen kontrastiv zur Seite gestellt hat. Burger ergänzt die drei Texte durch kurze erhellende Kommentare zu den genannten Personen oder Ereignissen unter hilfreicher Angabe von Seitenquerverweisen oder Abbildungsziffern. Neben dem üblichen Bildmaterial finden sich, wie sollte es bei Burger anders sein, mehrheitlich wenig bekannte Abbildungen, z.B. von Liszts Schülern (z.B. Siloti, Stavenhagen, Thomán und Friedheim, S. 79) oder seinen Verwandten (S. 97).
Daneben sind die sechs Seiten Resümee zum Verhältnis Wagners zu Liszt sowie die akribische Auflistung und detailreiche Beschreibung von Liszts Aufenthalten in Bayreuth (von Oktober 1872 bis zu seinem Tod am 31. Juli 1886) vor allem im Hinblick auf die „kaum auszurottende Legende“ (S. 9), Cosima habe sich nicht um ihren sterbenden Vater gekümmert, äußerst aufschlussreich, da sie vorwiegend aus Originalquellen stammen.
Der vorliegende Band gibt neben dem Einblick in Liszts quälendes Sterben auch einen in sein soziales Umfeld, klärt die Eifersüchteleien Wagners auf, lässt uns teilhaben an Soireen mit dem geliebten Kartenspiel oder allerlei Festivitäten anlässlich der Bayreuther Festspiele. Wenig war bisher bekannt über Liszts Besuche bei Richard und Cosima Wagner und seine letzten Tage in Bayreuth und so kompakt fundiert erschlossen wie in dieser neuen Publikation.
Gudrun Föttinger
Bayreuth, 2012XX.XX.