Johann Christoph Friedrich Bach: Briefe und Dokumente / Hrsg. von Ulrich Leisinger. – Hildesheim: Olms, 2011. – 544 S.: s/w Abb., Tab. (Leipziger Beiträge zur Bach-Forschung ; 9)
ISBN 978-3-487-14337-8 : € 49,80 (kart.)
Im Unterschied zu seinen beiden Halbbrüdern Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel, dem „Hamburger Bach“, sowie zu seinem jüngeren Bruder Johann Christian, dem „Londoner Bach“, hat Johann Christoph Friedrich (1732-1795) zwar als „Bückeburger Bach“ auch einen Beinamen erhalten, stand jedoch zeitlebens im Schatten seiner berühmten Brüder. Mit 17 Jahren war er in die Dienste des Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe in Bückeburg getreten. 46 ganze Jahre leitete er als Konzertmeister eine der zu seiner Zeit bedeutendsten deutschen Hofkapellen. Als Komponist von seinen musikinteressierten Zeitgenossen hoch geschätzt, war er weit über seinen unmittelbaren Wirkungskreis bekannt. Doch nach seinem Tod 1795 geriet er schon bald in Vergessenheit. Im Zusammenhang mit Forschungen und Publikationen über die Bach-Familie oder mit regionalkundlichen Arbeiten wurde allerdings auch an ihn immer wieder erinnert. Zahlreiche Bausteine zu seinem Leben und Schaffen wurden auf diese Weise zusammengetragen, angefangen bei Hermann Bitter und seiner 1868 veröffentlichten Biographie Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann Bach und deren Brüder bis zum Bückeburger Ausstellungskatalog aus dem Jahr 1995 anlässlich seines 200. Todestages.
Ulrich Leisinger hat dieses bisher nur zum Teil veröffentlichte Material zusammengetragen und nach einheitlichen Kriterien in fünf Kapiteln geordnet: I. Dienstliche Schriftstücke, II. Briefe und private Aufzeichnungen, III. Biographische Dokumente, IV. Werke und Aufführungen, V. Genealogische und statistische Dokumente. Jedem Kapitel ist eine kurze Einführung vorangestellt, in der der jeweilige Quellenbestand erläutert und kommentiert wird. Der Standort der Briefe (darunter auch solche, die inzwischen verschollen sind, deren Inhalt jedoch bekannt ist) und unterschiedlichen Dokumente ist angegeben. Auf die entsprechenden Vorlagen von bereits andernorts publizierten Dokumenten wird hingewiesen. Es gibt ausführliche Literaturhinweise und einen umfangreichen Anhang.
Das so aufbereitete und bisher verstreute Material verleiht der Lebens- und Wirkungsgeschichte von Johann Christoph Friedrich Bach schärfere und vor allem neue Konturen. Wie begehrt und weit verbreitet seine Werke waren, beweisen eindrucksvoll die Pränumerationslisten. So wurden z.B. 497 Exemplare seiner Musikalischen Nebenstunden 1787/88 subskribiert. Seine Kompositionen seien „nicht mit dem neumodisch-musikalischen Flitterstaate verbrämt, sondern voll sittlichen Anstandes, und dennoch sehr brillant, und auch nicht sehr schwer“. (S. 369) Rezensionen, Briefwechsel, Nekrologe u.ä. lassen erkennen, welche hohe Wertschätzung seine Zeitgenossen ihm entgegen brachten. Aber auch sein Tätigkeitsbereich erhält ein schärferes Profil. Zudem erfährt man interessante Details vom Musikleben am Bückeburger Hof, wo „zweymahl in der Woche“ öffentliche Konzerte stattfanden, „denen jeder Einheimische und Auswärtige beywohnen konnte.“ (S. 299) Ein eindrucksvolles Beispiel für die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hochentwickelte Musikkultur in Mittel- und Norddeutschland.
Ingeborg Allihn
Berlin, 08.05.2012