Brüggemann, Axel: Wie Krach zu Musik wird. Die etwas andere Musikgeschichte / Mit Ill. von Monika Horstmann. – Weinheim [u.a.]: Beltz & Gelberg, 2010. – 216 S. : Ill.
ISBN 978-3-407-75353-3 : € 17,95 (geb.)
Der musikinteressierte Leser wird dieses edle, glanzvolle Buch gerne in die Hand nehmen. Der Frontsticker Lesezeit Empfehlung von Klassik Radio bestärkt den guten Eindruck. Mit 630 Gramm wiegt es allerdings schwer und zählt nicht unbedingt zur Lektüre, die unterwegs gelesen wird. Was kann das für eine andere Musikgeschichte sein, die der Autor und Journalist Axel Brüggemann, preisgekrönt als Produzent der Hörbuch-Reihe Der kleine Hörsaal, ankündigt?
Hör mal kurz auf zu lesen. Der erste Satz bestätigt umgehend, dass es sich um ein Jugendsachbuch handelt. Der Verlag stuft es für Leser ab dem 12. Lebensjahr ein. Den lässigen, plaudernden Ton bewahrt Brüggemann durchgehend. Seine Musikgeschichte behandelt die Musik vom Urschrei bis zum Rap inklusiv musiktheoretischer Ausführungen über Notenschrift, Tonarten, Intervalle oder Rhythmus. Beispielgebend springen bekannte Komponisten mit ihrem Leben und Werk durch die 7 Kapitel. Sechs prominente Musiker wie Cecilia Bartoli oder Thomas Quasthoff ergänzen mit persönlichen Beiträgen. Ein Register lässt vermuten, dass ein Schüler in diesem Buch gut nachschlagen kann. Begriffe wie Renaissance (S. 47ff), Mittelalter (S. 34ff) und Aufklärung (S. 90) fehlen. Im Text werden zahlreiche ihre Zeit prägende Persönlichkeiten genannt. Als Nicht-Musiker finden sie im Register keine Beachtung.
Letztlich besteht eine Musikgeschichte wie diese nur aus Worten. (S. 212) Das Konzept sah vermutlich vor, die kleinkindlichen Illustrationen von Monika Horstmann als reine Zierde einzufügen. Dieses Buch kommt ohne ein einziges Notenbeispiel aus! Der Violinschlüssel wird also unterhaltsam auf 16 Zeilen (S. 113) beschrieben: … er ist verschnörkelt, hat unten einen Kringel, biegt sich über alle Linien und endet auf der zweiten Linie von unten – auf dem g’.
Welcher musikferne Jugendliche liest diese Umständlichkeiten freiwillig? Genau an dieser Frage scheitert das Buch. Auch für Unterrichtszwecke und zur Erarbeitung von Vorträgen ist die Veröffentlichung aufgrund ihrer Ungeradlinigkeit nicht geeignet. Es bleibt ein Plauderbuch über Musik, das vielleicht von musikinteressierten oder musikausübenden Schülerinnen und Schülern gelesen wird. Brauchen diese aber Sätze wie: Es ist etwas anderes, ob man “Du Blödmann“ schreit oder „Du Blödmann“ singt (S. 37)? Befremdlich erscheinen Schlagzeilen wie: Händel war Opernmillionär (S. 77), Schubert ein Lebemann (S. 125). Lully (S. 72) und Tschaikowsky (S. 138) waren schwul, Hitler der wohl schlimmste Tyrann der Geschichte (S. 145) und Michael Jackson hat seine Hautfarbe verändern lassen (S. 205).
Wenige Monate nach seinem Erscheinen konnte Wie Krach zu Musik wird bereits zu einem günstigeren Preis erworben werden.
Cortina Wuthe
Berlin, 18.04.2012