Bego, Mark: Aretha Franklin. Queen of Soul. – Hamburg: Edel, 2012. – 359 S.: s/w-Abb.
ISBN 978-3841901217 : € 19,95 (geb.)
Mark Bego, Bestseller-Autor diverser Rock und Pop-Biographien von Michael Jackson bis Tina Turner, hat es wieder einmal gewagt. In zwölf Kapiteln zeichnet „the prince of pop bios“ das Leben DER Soul-Queen schlechthin nach: Aretha Franklin (*1942). Dafür habe er ganze 40 Jahre gearbeitet, sagt Bego, und neben der Sängerin selbst einige der wichtigsten Menschen in ihrem Leben interviewt. Ein Wagnis – denn ihr Privatleben hielt die 20fache Grammy-Gewinnerin, die im März 2012 ihren 70. Geburtstag feierte, stets unter Verschluss. Dass der Autor es trotzdem geschafft hat, zahlreiche Details und Fotos zusammen zu tragen, ist lobenswert.
Aretha Franklin legte bereits im Teenie-Alter,eine rasante Karriere hin. Ihr Vater C. L. Franklin gilt als Schlüsselfigur in ihrem Leben. Der Reverend, offenbar ein ziemlicher Schürzenjäger, förderte früh das Talent seiner Tochter für Gospelmusik. Nach ihrer Kindheit in Detroit packt die zweifache, erst 18-jährige Mutter ohne ihre Kinder (um die jeweiligen Väter macht die Sängerin übrigens bis heute ein Geheimnis) die Koffer und macht sich nach New York auf. Bei Columbia Records angekommen, wird sie erst in die Jazz-Ecke gedrängt, kann sich später jedoch als Pop- und Soulsängerin ihren Weg bahnen.
Aretha Franklins Männergeschichten gingen größtenteils tragisch aus. Sie war oft von ihren Männern abhängig, wie z. B. von ihrem ersten Ehemann Ted White, der gleichzeitig ihr Manager war. Den Namen ihrer großen Liebe jedoch, des „Mr. Mystique“– wie sie ihn nennt –, will die First Lady of Soul nicht preisgeben. Aber auch mit weiteren Problemen aus dem Leben der Diva sehen sich die Leser konfrontiert. Zum Beispiel mit ihren ständigen Gewichtsproblemen. Zeitweise liest sich das dann wie ein detailliertes Diättagebuch. Würden Sie wissen wollen, dass eine Soulqueen Apfelessig mit Honig zum Frühstück trinkt, um ihre Pfunde schmelzen zu lassen? Das bleibt letztendlich Geschmacksache. Genauso ausholend geht der Autor auf Arethas Modeirrtümer und ihre verschiedenen Outfits zu bestimmten Anlässen ein.
Im Laufe des Schmökerns stellt sich der Eindruck ein, als sei die „Queen“ hochsensibel und leicht zu verunsichern gewesen. Unter diesem Aspekt erscheint der 1967 entstandene Song Respect, der zu ihrem Markenzeichen wurde, in einer anderen Dimension. Respekt als Künstlerin konnte sich Aretha Franklin jedenfalls verschaffen. Im Filmklassiker Blues Brothers gibt sie 1980 erstmals ihr Schauspiel-Debüt und singt unter anderem diesen Evergreen.
Im letzten Drittel der Lektüre sind zusätzliche Infos zu Aufnahme-Sessions und TV-Auftritten sowie weitere Histörchen aus Arethas Lebensgeschichte amüsant und ausführlich zusammengetragen. Die unzähligen Alben werden stilistisch und historisch eingeordnet. Erfreulich und neu ist die im Buch enthaltene Diskografie, die auch die zahlreichen Duette mit den Größen des Musikgeschäfts, wie Eurythmics oder George Michael beinhaltet.
Nach einer langen Schaffenskrise inklusive eremitenhaftem Rückzug und einem Comeback kämpft die Soulkönigin seit 2001 mit gesundheitlichen Problemen. Doch auch hier wieder: gehörige Geheimniskrämerei. Was sie eigentlich plagt, möchte sie nicht verraten. Nach dem Zuklappen des fast 360-seitigen Buches bleiben, genauso wie es der Autor selbst am Anfang bemerkte, jede Menge offene Fragen. Die enorme Recherchearbeit hat sich aber trotzdem gelohnt. Und immerhin gibt es zum 70. Geburtstag von Aretha Franklin nun endlich auch eine bemerkenswerte Biographie auf Deutsch.
Rebecca Berg
Frankfurt am Main, 11.4.2012