Liber Amicorum: Festschriften for Music Scholars and Nonmusicians 1840–1966 / Hrsg. von Zdravko Blažeković und James R. Cowdery. – New York: RILM, 2009. – 599 S. (RILM Retrospectives ; 5)
ISBN 978-1-932765-04-5 : $ 145,00 (geb.)
Die Bedeutung von Libri Amicorum oder Festschriften, wie sie übrigens auch im angloamerikanischen Sprachraum genannt werden, ist umstritten: von den einen als Mülleimer für gescheiterte Doktorarbeiten über strohtrockene Themen kritisiert, von den anderen als wichtige Quelle der Wissenschaftsgeschichte gelobt; die Wahrheit liegt dazwischen. – Dass viele Festschriften als unselbständige Schriften erschienen sind, hat den Zugang zu ihnen erschwert. Walter W. Gerboth veröffentlichte 1966 zum erstenmal einen mehr als 200 S. umfassenden Index of Festschriften and similar publications, in einer Festschrift für Gustave Reese. 1969 publizierte er eine erweiterte Fassung, die dem vorliegenden Werk zugrunde liegt. 533 Festschriften listete er auf, dazu ca. 3.500 Artikel, die sich in diesen mit Musik beschäftigten. Eine pure Aufzählung sagt aber nichts über den Inhalt aus, und so haben die heutigen Herausgeber dieses fünften Bandes der Reihe RILM Retrospective Series und ihr Team 3.869 Artikel aus 574 Festschriften aus rund 40 Ländern in 31 Sprachen per Autopsie erfasst, indiziert und Abstracts der Inhalte erstellt.
Die Bibliografie ist nach einleitenden Kapiteln (u. a. einer Übersetzung von Imogen Fellingers Festschrift-Artikel aus der MGG2) grob dreigeteilt: 1. Die Festschriften nach Alphabet der Widmungsträger (S. 1–118), 2. dann die Beiträge, unterteilt in elf Klassen mit weiteren Unterklassen (S. 119–474) und 3. ein verschränktes Verfasser- und Sachregister (S. 475–597) sowie ein Verzeichnis der in Festschriften enthaltenen Kompositionen (S. 599).
Festschriften und Beiträge sind durchgehend nummeriert und mit einem Buchstabenkürzel versehen, ae für Article (in einer Festschrift), be für Book (i. e. Festschrift), re für Review (der Festschrift). Letztere werden direkt im Anschluss an die Festschrift aufgelistet und erhalten eine eigene Zählung, was m. E. inkonsequent ist und beim Blättern verwirrt. Hier wäre die gleiche Nummerierung wie die der Festschrift mit einem angehängten fortlaufenden Buchstaben übersichtlicher gewesen.
Der Berichtszeitraum reicht von der Festschrift für die vierte Jubelfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst im Jahr 1840 und endet 1966 mit dem Zeitpunkt, an dem RILM mit der Verzeichnung von Publikationen beginnt. Damit spiegelt diese Bibliografie nicht nur die Musikgeschichte, sondern auch die Geschichte von mehr als hundert Jahren wider und gewährt Einsicht in die Geschichte von Kulturen, Wissenschaftsdisziplinen (auch die benachbarter Disziplinen), Institutionen und prominenten Persönlichkeiten. Das Werk darf trotz seines hohen Preises in keiner Musikbibliothek fehlen.
Ein Folgeband mit Festschriften für Komponisten und Interpreten befindet sich in Vorbereitung.
Jutta Lambrecht
Zuerst erschienen in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 32 (2011), S. 74f.