Bauer, Günther G.: Was Sie schon immer über Mozart wissen wollten. – Salzburg: Residenz, 2011. – 222 S.
ISBN 978-3-7017-3226-5 : € 19,80 (geb.)
Der Autor, ehemaliger Rektor der Universität Mozarteum Salzburg, hat sich in den letzten Jahren vor allem mit der Erforschung von Mozarts Spielleidenschaft und Mozarts Ausgaben und Einkünften hervorgetan. Die spannenden Ergebnisse sind in zwei opulent ausgestatteten Bänden nachzulesen. Parallel zu dieser Arbeit entstand – quasi als Nebenprodukt – das vorliegende Büchlein. Es stellt eine Sammlung von Stichwörtern zu Mozarts Alltagsleben dar, geordnet nach Rubriken wie Mozarts Papiersachen, Mozarts Hausrat, Mozarts Tiere etc. Kennt man die bisherigen Arbeiten Bauers und hat deshalb mit Interesse nach dem Bändchen gegriffen, ist man jedoch mehr als enttäuscht. Bei den zusammengetragenen Notizen handelt es sich mitnichten um gesicherte Fakten, sondern überwiegend um Spekulationen und Schlussfolgerungen.
Mozarts hier beschriebene Alltagsgegenstände und -handlungen sind in den meisten Fällen nicht überliefert, sondern Bauer leitet sie aus der Alltagskultur des 18. Jahrhunderts her. Formulierungen wie „nichts Näheres bekannt“, „es könnte so gewesen sein“, „scheint sich nicht erhalten zu haben“, „in Briefen und Dokumenten nicht erwähnt“, „darf man annehmen“ sind daher an der Tagesordnung. Das macht die Lektüre auf Dauer nicht nur ermüdend, sondern lässt das Bändchen auch als Mogelpackung erscheinen. Man weiß eben nicht, welche Seife „Mozarts Lieblingsseife“ war, auch wenn hier behauptet wird, dass es wegen der Anglophilie des Komponisten nur eine englische gewesen sein kann (S. 105). Oder ein anderes Beispiel: Mozarts Zirkel könnte dem Autor zufolge ein Geschenk seines Schwagers Lange gewesen sein, da sie während der Porträtsitzungen wohl auch über das „Problem des Ganzen, Runden, über die Vollendung und das Unendliche“ gesprochen haben (S. 29). Das ist schon eine arg aus der Luft gegriffene These. Zuweilen finden sich auch Widersprüche auf ein und derselben Seite. So ist angeblich nirgends dokumentiert, welchen Hund Mozarts es vor und nach dem „Gauckerl“, dem berühmten Reisebegleiter nach Prag, gegeben hat, doch wenige Zeilen später lesen wir, dass wir dank des Bandl-Terzetts KV 441 von der Existenz des Hundes „Pimberl“ wissen, der den Namen der Salzburger Foxterrierhündin „Pimperl“ übernommen habe (S. 181). Viele Beschreibungen sind so banal, dass man die Lektüre fast als Zumutung empfindet. Dass Mozart seine Briefe und Kompositionen nicht auf dem „nackten Holz“ seines Schreibtisches geschrieben haben“ dürfte, „sondern auf einer Schreibtischunterlage, über die wir leider nichts wissen“ (S. 27), dass Mozart „ein zweites Paar Stiefel zum Wechseln haben musste, wenn eines nass oder schmutzig war“ (S. 98), dass zu Mozarts Schlafzimmereinrichtung neben dem Ehebett sicher „noch zwei Nachtkästchen“, „ein Waschtisch, Stühle und Kleinmöbel“ gehörten (S. 114) etc., etc. Nein, solche Banalitäten wollte man wirklich nicht schon immer über Mozart wissen.
Verena Funtenberger
Essen, 12.01.2012