Mahler: „Verehrter Herr College!“ Briefe an Komponisten, Dirigenten, Intendanten / Hrsg. u. komm. von Franz Willnauer. – Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2010. – 424 S.
ISBN 978-3-552-05499-8 : € 24,90 (geb.)
Das Telefon war in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts zwar schon erfunden, als alltägliches Kommunikationsmittel hatte es sich allerdings noch nicht durchgesetzt. Gustav Mahler (1860–1911) zumindest bevorzugte für seine Korrespondenz, deren Umfang fast beispiellos ist, den Postweg. Aus mehreren tausend Schriftstücken hat der Mahler-Forscher und frühere Generalsekretär der Salzburger Festspiele, Franz Willnauer, eine Auswahl von 237 Briefen, Briefkarten und Telegrammen zusammengestellt, die sich dem Berufsleben des Komponisten widmen.
Wie der Untertitel des sorgfältig kommentierten Bandes schon verrät, sind die Adressaten ausschließlich Komponisten, Dirigenten und Intendanten, darunter Anton Bruckner, Richard Strauss, Bruno Walter, Hans von Bülow und Cosima Wagner. Mit allen bedeutenden Persönlichkeiten der Musik-, Theater- und Opernwelt stand Gustav Mahler in Kontakt. Aus den persönlichen Äußerungen und Empfindungen, die natürlich auch in die berufliche Korrespondenz einflossen, entsteht in den „Kollegenbriefen“, wie Willnauer sie nennt (S. 387), ein facettenreiches Bild des Komponisten, Dirigenten und Theaterleiters. Es zeigt Mahler als hochsensiblen Künstler, unnachgiebigen Perfektionisten in der Probenarbeit, als cleveren Strategen, der seine Karriere zielstrebig verfolgt, indem er „planvoll und unablässig“ (S. 115) Kontakte knüpft, als hoch gebildeten Briefschreiber, als Star wie auch als fast devoten Bittsteller und als warmherzigen Freund. Je nach Adressat bedient sich Mahler unterschiedlicher Tonlagen: höchst formell gegenüber Vorgesetzten, lakonisch knapp bei Untergebenen, offenherzig gegenüber Freunden – ohne jedoch eine gewisse Distanz aufzugeben.
Im Mittelpunkt der Briefauswahl, die konsequent auf Antwortbriefe verzichtet, steht die Zeit Mahlers als Direktor der Wiener Hofoper von 1897–1907. Ihr vorangestellt ist die erste Etappe seines beruflichen Aufstiegs vom ersten Theaterengagement in Bad Hall bis zum Hamburger Stadttheater, während die letzten Lebensjahre von 1908–1911, die Mahler zwischen New York, Toblach in Südtirol und Wien verbrachte, den Abschluss bilden.
Zusätzlich zu den im wissenschaftlichen Rahmen üblichen Quellenangaben und den zum Verständnis erforderlichen Anmerkungen hat der Herausgeber dem Band ein „Verzeichnis der Adressaten“ beigefügt, das die nötigen biografischen Daten bereithält, ohne den Text mit Details zu überfrachten. Und damit die Leser Mahlers Briefe in die entsprechenden Berufs- und Lebenszusammenhänge einordnen können, hat Willnauer ihnen informative und allgemein verständliche Einleitungs- und Zwischentexte an die Seite gestellt, so dass der Briefband nicht nur Mahler-Forscher ansprechen wird.
Friedegard Hürter
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 351
/ Hrsg. u. komm. von Franz Willnauer. – Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2010.
– 424 S.
ISBN 978-3-552-05499-8: € 24,90 (geb.)
Das Telefon war in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts zwar schon erfunden,
als alltägliches Kommunikationsmittel hatte es sich allerdings noch nicht durchgesetzt.
Gustav Mahler (1860–1911) zumindest bevorzugte für seine Korrespondenz, deren
Umfang fast beispiellos ist, den Postweg. Aus mehreren tausend Schriftstücken
hat der Mahler-Forscher und frühere Generalsekretär der Salzburger Festspiele, Franz
Willnauer,
eine Auswahl von 237 Briefen, Briefkarten und Telegrammen zusammengestellt,
die sich dem Berufsleben des Komponisten widmen.
Wie der Untertitel des sorgfältig kommentierten Bandes schon verrät, sind die
Adressaten ausschließlich Komponisten, Dirigenten und Intendanten, darunter Anton
Bruckner, Richard Strauss, Bruno Walter, Hans von Bülow und Cosima Wagner.
Mit allen bedeutenden Persönlichkeiten der Musik-, Theater- und Opernwelt stand
Gustav
Mahler in Kontakt. Aus den persönlichen Äußerungen und Empfindungen,
die natürlich auch in die berufliche Korrespondenz einflossen, entsteht in den „Kollegenbriefen“,
wie Willnauer sie nennt (S. 387), ein facettenreiches Bild des Komponisten,
Dirigenten und Theaterleiters. Es zeigt Mahler als hochsensiblen Künstler,
unnachgiebigen Perfektionisten in der Probenarbeit, als cleveren Strategen, der seine
Karriere zielstrebig verfolgt, indem er „planvoll und unablässig“ (S. 115) Kontakte
knüpft, als hoch gebildeten Briefschreiber, als Star wie auch als fast devoten Bittsteller
und als warmherzigen Freund. Je nach Adressat bedient sich Mahler unterschiedlicher
Tonlagen: höchst formell gegenüber Vorgesetzten, lakonisch knapp bei Untergebenen,
offenherzig gegenüber Freunden – ohne jedoch eine gewisse Distanz aufzugeben.
Im Mittelpunkt der Briefauswahl, die konsequent auf Antwortbriefe verzichtet,
steht die Zeit Mahlers als Direktor der Wiener Hofoper von 1897–1907. Ihr vorangestellt
ist die erste Etappe seines beruflichen Aufstiegs vom ersten Theaterengagement
in Bad Hall bis zum Hamburger Stadttheater, während die letzten Lebensjahre von
1908–1911, die Mahler zwischen New York, Toblach in Südtirol und Wien verbrachte,
den Abschluss bilden.
Zusätzlich zu den im wissenschaftlichen Rahmen üblichen Quellenangaben und
den zum Verständnis erforderlichen Anmerkungen hat der Herausgeber dem Band ein
„Verzeichnis der Adressaten“ beigefügt, das die nötigen biografischen Daten bereithält,
ohne den Text mit Details zu überfrachten. Und damit die Leser Mahlers Briefe
in die entsprechenden Berufs- und Lebenszusammenhänge einordnen können, hat
Willnauer
ihnen informative und allgemein verständliche Einleitungs- und Zwischentexte
an die Seite gestellt, so dass der Briefband nicht nur Mahler-Forscher ansprechen
wird.
Friedegard HürterMahler: „Verehrter Herr College!“ Briefe an Komponisten, Dirigenten, Intendanten
/ Hrsg. u. komm. von Franz Willnauer. – Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2010.
– 424 S.
ISBN 978-3-552-05499-8: € 24,90 (geb.)
Das Telefon war in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts zwar schon erfunden,
als alltägliches Kommunikationsmittel hatte es sich allerdings noch nicht durchgesetzt.
Gustav Mahler (1860–1911) zumindest bevorzugte für seine Korrespondenz, deren
Umfang fast beispiellos ist, den Postweg. Aus mehreren tausend Schriftstücken
hat der Mahler-Forscher und frühere Generalsekretär der Salzburger Festspiele, Franz
Willnauer,
eine Auswahl von 237 Briefen, Briefkarten und Telegrammen zusammengestellt,
die sich dem Berufsleben des Komponisten widmen.
Wie der Untertitel des sorgfältig kommentierten Bandes schon verrät, sind die
Adressaten ausschließlich Komponisten, Dirigenten und Intendanten, darunter Anton
Bruckner, Richard Strauss, Bruno Walter, Hans von Bülow und Cosima Wagner.
Mit allen bedeutenden Persönlichkeiten der Musik-, Theater- und Opernwelt stand
Gustav
Mahler in Kontakt. Aus den persönlichen Äußerungen und Empfindungen,
die natürlich auch in die berufliche Korrespondenz einflossen, entsteht in den „Kollegenbriefen“,
wie Willnauer sie nennt (S. 387), ein facettenreiches Bild des Komponisten,
Dirigenten und Theaterleiters. Es zeigt Mahler als hochsensiblen Künstler,
unnachgiebigen Perfektionisten in der Probenarbeit, als cleveren Strategen, der seine
Karriere zielstrebig verfolgt, indem er „planvoll und unablässig“ (S. 115) Kontakte
knüpft, als hoch gebildeten Briefschreiber, als Star wie auch als fast devoten Bittsteller
und als warmherzigen Freund. Je nach Adressat bedient sich Mahler unterschiedlicher
Tonlagen: höchst formell gegenüber Vorgesetzten, lakonisch knapp bei Untergebenen,
offenherzig gegenüber Freunden – ohne jedoch eine gewisse Distanz aufzugeben.
Im Mittelpunkt der Briefauswahl, die konsequent auf Antwortbriefe verzichtet,
steht die Zeit Mahlers als Direktor der Wiener Hofoper von 1897–1907. Ihr vorangestellt
ist die erste Etappe seines beruflichen Aufstiegs vom ersten Theaterengagement
in Bad Hall bis zum Hamburger Stadttheater, während die letzten Lebensjahre von
1908–1911, die Mahler zwischen New York, Toblach in Südtirol und Wien verbrachte,
den Abschluss bilden.
Zusätzlich zu den im wissenschaftlichen Rahmen üblichen Quellenangaben und
den zum Verständnis erforderlichen Anmerkungen hat der Herausgeber dem Band ein
„Verzeichnis der Adressaten“ beigefügt, das die nötigen biografischen Daten bereithält,
ohne den Text mit Details zu überfrachten. Und damit die Leser Mahlers Briefe
in die entsprechenden Berufs- und Lebenszusammenhänge einordnen können, hat
Willnauer
ihnen informative und allgemein verständliche Einleitungs- und Zwischentexte
an die Seite gestellt, so dass der Briefband nicht nur Mahler-Forscher ansprechen
wird.
Friedegard Hürter