Nieswandt, Hans: DJ Dionysos – Geschichten aus der Diskowelt. – Kiepenheuer & Witsch, 2010. – 184 S.: 10 s/w-Abb.
ISBN 978-3-462-04231-3 : € 8,95 (Pb.; auch als e-book)
DJ Dionysos – Geschichten aus der Diskowelt ist das dritte Buch von Hans Nieswandt. Sein erstes Buch ist 2002 erschienen, das zweite Buch, Disko Ramallah, wurde 2006 vorgelegt, und da Dionysos im Jahr 2010 herauskam, ist damit zu rechnen, dass 2014 das nächste Buch folgen wird. Und noch immer dreht sich der Plattenteller, denn auch dieses Buch ist der Profession des Schallplattenabspielens gewidmet, die der Autor seit vielen Jahren ausübt. Auch in diesem Buch berichtet Nieswandt im unterhaltsamen Plauderton auf witzige Art über skurrile Erlebnisse zwischen Fakten und Fiktion, die einem erfolgreichen DJ (ehemals auch Schallplattenunterhalter genannt) auf Reisen um die Welt widerfahren können. Vermutlich um das Buch nicht als Teil einer endlosen Fortsetzungsgeschichte erscheinen zu lassen, wurde in die Erzählung ein Roman eingebettet, an dem der Erzähler arbeitet, und in dem es um Dennis geht, „ein Landei – aber mit Zukunft“ (S. 57). Mit gewohntem Wortwitz schildert Nieswandt anhand launiger Episoden des Dennis Lehr- und Wanderjahre und wie aus ihm (man ahnt es) ein guter DJ wird, vom Dennis zum Dionysos.
Damit der Leser besser zwischen den Ebenen der Stories unterscheiden kann, ist der eingefügte Roman um Dennis/Dionysos in fett gedruckter serifenloser Grotesk-Schrift gesetzt, während für den Rest eine klassische Antiqua verwendet wurde.
Nicht nur durch die fette Grotesk-Schrift ist die eingemixte Romanhandlung zwar hinreichend grotesk aber ansonsten nicht so fett, sondern mit stark überzeichnendem und übertreibendem Handlungsablauf ziemlich bemüht und gewollt. Was Nieswandt sonst lässig pointiert und poppig aus der Tastatur fließt, wirkt hier so, als hätte ihm der Verlagslektor aufgetragen „Denk dir mal was aus, was dieses Buch vom Vorigen unterscheidet!“. Das klappt nicht so richtig, auch wenn laut Verlag damit angeblich der „DJ-Generationskonflikt“ und der „Clash der Techniken“ thematisch Einzug hielt, vor allem: es wäre nicht nötig gewesen.
Schließlich steckt genug Originalität in der Rahmenhandlung, und das von Nieswandt zelebrierte „Listenwesen“ (ab S. 172) überzeugt, mit „lautmalerischen Minimal-House-Umschreibungen“, „Neue(n) dramatische(n) Entwicklungen in der Hörerwunsch-Szene“, „potenzielle(n) Projektnamen“ etc. …
Die Umschlaggestaltung und Illustrationen zeigen knubbelige Marsmännchen in vielerlei karikierenden Posen, die computergenerierten Grafiken sind zwar niedlich, aber auch entbehrlich, man könnte auch hier vermuten, dass dies auf Anraten des Verlags geschah, um die „Geschichten“ von vorhergehenden Nieswandt-Büchern unterscheidbar zu machen.
Ein zwiespältiges Buch, Nieswandts Erzählungen pur, ohne eingebastelte Substory und niedliche Illustrationen, sind überzeugender. Möglicherweise hat Nieswandt das Buch für eine Zielgruppe geschrieben, der auch seine Tochter angehört: für ca. 16-jährige?
Manfred Miersch
Berlin, 20.09.2011