The Clash. Strummer, Jones, Simonon, Headon. / Hrsg. von Mal Peachy. Aus dem Engl. übersetzt v. Violeta Topalova. – München: Heyne, 2011. – 408 S.: zahlr. Ill.
ISBN 978-3-453-67594-0 : € 16,99 (Pb)
Beim Auftritt der Düsseldorfer Band Fehlfarben im Februar 2003 in Berlin gab es einen Moment der allgemeinen Betroffenheit als deren Sänger Peter Hein mitten im Konzert solo und a cappella ein Stück von The Clash vortrug. Das war als ausdrückliche Würdigung gemeint, denn zwei Monate vorher war Joe Strummer, die unverwechselbare Stimme der Clash, gestorben. Längst hatte die Band, die zu den wichtigsten Begründern der Punk-Bewegung zählt, ihr internationales Publikum gefunden und zahllose Musiker inspiriert.
The Clash gaben sich von Anfang an als Rebellen mit Polit-Anspruch, präsentierten sich im selbstgemachten coolen Straßenkämpfer-Outfit, wobei Strummer gern mal ein T-Shirt mit dem Logo der RAF und dem Namen der italienischen Roten Brigaden trug, und veröffentlichten Schallplatten mit Titeln wie White Riot und Sandinista!. Dies hinderte die Pop-Revolutionäre nicht daran früh einen Plattenvertrag bei einem Großkonzern zu unterzeichnen, was in Fanzines zu hämischen Kommentaren führte. Dies wiederum hinderte die Band, die offiziell von 1977 bis 1984 existierte, nicht am fortgesetzten Produzieren cleverer aussagekräftiger Punk-Hymnen, deren musikalische und inhaltliche Form sich im weiteren Verlauf allerdings differenzierte und abmilderte zugunsten einer zunehmenden Radiotauglichkeit.
Im vorliegenden Buch werden die Titel dieser Stücke mit Veröffentlichungsdatum und Chart-Position zur Strukturierung des Textes benutzt. Die umfangreiche Publikation, die im Original bereits 2008 erschienen war, basiert fast ausschließlich auf niedergeschriebenen Interviewparts aus Gesprächen mit den Musikern, die „überwiegend innerhalb eines Zeitraums von fünf Tagen“ (S. 10) geführt wurden. Zusätzlich werden Tour-Daten aufgelistet mit jeweiligem Line-Up, alles eingebettet in reichhaltiges Bildmaterial: Bandfotos, Zeitungsausschnitte, Auftrittsplakate, Magazin- und Plattencover, Handschriftliches, Setlists, Backstage-Pässe, sowie Erläuterungen dazu. Dominiert wird der Textteil des Buches jedoch von den spontanen Äußerungen und ganz im Sinne einer oral history werden die individuellen Sichtweisen der Bandmitglieder und anderer Beteiligter gegeneinander gestellt, die umgangssprachlichen Statements wechseln sich ab, so dass der Eindruck eines langen Gesprächs, an dem alle Personen beteiligt sind, entsteht. Das schnörkellose Verfahren wirkt direkt und authentisch, eine bessere Methode um das Entstehen und die Geschichte von Punk zu dokumentieren ist schwer vorstellbar.
Besonders zu loben ist die deutsche Übersetzung, die auf ein allzu plattes Kokettieren mit hiesigem Jugend-Jargon verzichtet und die stattdessen angenehm prosaisch unaufgeregt angelegt ist. Ein schön ausgestattetes Buch zum Verständnis und zur Revision der letzten echten Jugendrebellion.
Manfred Miersch
Berlin, 17.07.2011
Berlin, 17.07.2011 Manfred Miersch