Volkers, Elisabeth und Christine Kleicke: Meine Reisen mit Familie Mozart. Ein Klavier erzählt. – 3., neugestalt. Aufl. – Mainz: Schott, 2016. – 48 S.: farb. Abb., 1 Audio-CD.
ISBN 978-3-7957-1094-1 : € 19,50 (geb.)
Ein Klavier erzählt. Genau genommen ein Reiseklavier, und zwar das der Familie Mozart. Thekla, wie Wolfgang Amadeus Mozart es in dem Buch als kleiner Junge tauft, berichtet in Meine Reisen mit Familie Mozart über den Werdegang des sogenannten Wunderkindes mit allen Höhen und Tiefen. Jedoch ist Thekla kein stummer Beobachter. Sie spricht mit dem kleinen Mozart durch die Musik, die er auf ihr spielt. Nur er ist in der Lage sie zu verstehen. Allerdings ist Thekla schon seit langer Zeit kein glückliches Klavier: „Denn ein Klavier, auf dem niemand Musik macht, ist überhaupt kein Klavier“ (S. 5), und seit langer Zeit steht sie schon auf einem verstaubten Dachboden, zu dessen Tür nur eine alte Dame den Schlüssel besitzt. Nur noch die Mäuse spielen auf ihr, und zwar keine Töne, sondern Fangen. Doch die Erinnerungen an bessere Zeiten erfreuen nicht nur Thekla, das Klavier, sondern führen auch den Leser zurück in die Getreidegasse 9 in Salzburg, in der die Familie Mozart im 18. Jahrhundert lebte. Das Klavier erzählt von Musik, die überall zu hören ist, und dem alltäglichen Leben im Hause Mozart. Als sich Mozart nach und nach das Klavierspielen beibringt, entwickelt er eine besondere Beziehung zu Thekla und nutzt jede Gelegenheit, auf ihren Tasten zu spielen. Der Traum, er würde mit seinem Klavier zusammen verreisen, erfüllt sich bald darauf, als sein Vater sein Talent entdeckt und beschließt, Wolfgang und seine Schwester Nannerl auf große Konzertreise zu schicken. Das Klavier ist dabei nicht nur ein Nutzobjekt, sondern wird zur Seelsorgerin und Freundin, der der kleine Wolfgang alles erzählen kann. Nachdem die Kaiserin von Wien begeistert von den Kindern ist, erlangen beide internationale Berühmtheit.
Doch auch die Schattenseiten des Ruhms werden in Meine Reisen mit Familie Mozart dargestellt: Wolfgang fühlt sich als Kind zunehmend einsam und verspürt Heimweh. Gut, dass Thekla immer einen guten Ratschlag parat hat, der auch für die jungen Leser des Buches hilfreich sein könnte. Und dann lernt der kleine Mozart etwas kennen, das das Wunderschönste ist, was er jemals gesehen hat: eine Oper. Von da an komponiert er in jeder freien Minute. Bald wird seine Heimatstadt Salzburg zu klein für sein Talent und er geht nach Wien, wo er sich in Constanze verliebt, die er später heiratet. In schlechten Zeiten tanzen die beiden miteinander oder musizieren. Tanzen ist ihre Wärme, wenn das Feuerholz ausgeht. Musik ist Mozarts Zuflucht und wie das Klavier Thekla sein ständiger Wegbegleiter, bis er 1791 stirbt und sein Sohn Carl selber Trost bei Thekla sucht.
Kurz: Elisabeth Volkers, die Kulturpädagogik studierte und sich intensiv mit Musikvermittlung befasst, erzählt den Lebensweg Wolfgang Amadeus Mozarts auf eine kindgerechte Weise aus der Sicht seines Klaviers. Dies stellt eine erfrischende Abwechslung zu zahlreichen Sachbüchern dar. Außerdem verstrickt die Autorin Fakten in eine aufregende Geschichte und vermittelt Emotionen, wodurch das Buch lebendig wird und besonders Kinder zwischen vier und sieben Jahren anspricht. Die Art und Weise, wie Elisabeth Volkers von Mozarts Hunger nach Tönen erzählt, steckt an und könnte besonders bei Kindern Interesse an der oft mit einem staubigen Image behafteten klassischen Musik erwecken. Unterstrichen wird die Geschichte durch farbenfrohe Illustrationen von Christine Kleicke. Auch die Sprache ist leicht verständlich und für Kinder gut geeignet. Alles, was unklar sein könnte, wird in kleinen Kästen am Rand der Seite ergänzt und erläutert, wodurch auch bei der Handlung keine Fragen offen bleiben dürften. Wieso wurden viele Kinder damals zu Hause unterrichtet? Wurden damals auch Pizza und Nudeln gegessen? Fragen, die im Bezug zu Interessen von heutigen Kindern stehen. Auf den letzten Seiten kann man den im Buch beschriebenen Lebensweg noch einmal nachgehen, denn eine liebevoll gezeichnete Illustration zeigt alle Ereignisse und Reiseziele Mozarts. Es gibt außerdem „Zahlenspiele“, eine Art Tabelle mit Zahlen und Fakten über Mozart. Kinder, die lieber zuhören wollen, als selber zu lesen, und deren Eltern vielleicht gerade keine Zeit haben, können ganz einfach die zugehörige CD hören. Diese enthält nicht nur den Text des Buches, sondern auch Musikbeispiele von Mozarts Werken. Dadurch müssen die Kinder sich die erwähnten Stücke nicht nur vorstellen, sondern kommen in direkten Kontakt mit ihnen.
Das 1999 zum erstenmal erschienene und jetzt in 3. Aufl. neugestaltete Buch erzählt eine kindgerechte Kurzbiografie, die viele Kinder für Musik und besonders klassische Musik begeistern kann. Fakten werden in eine aufregende Geschichte verpackt, was Kindern zum Beispiel einen sonst langweilig scheinenden Besuch einer Oper schmackhaft machen könnte. So eignet es sich für wissbegierige Kinder, Eltern, die ihre Kinder an klassische Musik heran führen wollen, oder aber auch für die Verwendung im Musikunterricht. Es ist in jedem Fall empfehlenswert.
Für Kinder ab 4 Jahren
Katharina Jerusalem
Aachen, 28.07.2017