Wagner, Richard: Der Ring des Nibelungen. Live-Lesung der Ensemblemitglieder des Bayerischen Staatsschauspiels. / Bearb. von Dieter Borchmeyer. Div. Sprecher. – München: Langen Müller, 2009.
ISBN 978-3-7844-4087-3 : € 24,90 (5 CD: 316 min.)
Es gibt nicht wenige Menschen, denen die wunderbare Musik von Richard Wagners (1813–1883) Tetralogie Der Ring des Nibelungen die Tränen in die Augen treibt. Die Frage stellt sich aber: Ist es allein die Musik, die diese Reaktion auslöst, oder ist das Libretto dazu auch imstande? Nun, das muss jeder für sich selbst feststellen – am besten anhand des neuen Hörbuchs, das den Mitschnitt einer Leseaufführung des Rings im Münchner Residenztheater vom 21. und 22. Januar 2005 darstellt. Prof. Dr. Dieter Borchmeyer, seines Zeichens Autor vieler Wagner-Bücher und Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, hat die Textfassung erstellt und führt als Erzähler durch die Abende. Seine Bearbeitung der Tetralogie ist indes stark gekürzt, was Wehmut hervorruft. Einige Auslassungen sind obendrein dramaturgisch nicht sehr sinnvoll. Auch sonst macht das Ganze nicht immer einen überzeugenden Eindruck. Es sind zwar viele bedeutende Schauspieler als Leser eingesetzt. Deren Leistungen sind indes oft etwas nüchtern, ja sogar hölzern. Viele von ihnen beschränken sich auf das reine, trockene Ablesen des Textes, so z.B. Rolf Boysen als Wotan, Wanderer und Hagen. Nur wenige Mitglieder des aufgebotenen Schauspielensembles hauchen ihrem Part Lebenein. Das gelingt v.a. Anna Riedl als Woglinde, Freia, Sieglinde, Waldvogel und zweite Norn sehr gut. Ihre einfühlsamen, teilweise sehr emotionalen Darbietungen bilden das große Plus der Aufnahme, die insgesamt wenig ansprechend ist. Von einem derart renommierten Ensemble, bestehend aus Mitgliedern des Bayerischen Staatsschauspiels und der Münchner Kammerspiele, kann man doch wohl einen fehlerfreien Vortrag erwarten. Die zu Tage tretenden Lesefehler sind aber doch zu viel. Geradezu peinlich wirkt im Siegfried der Lapsus mit der fehlenden Seite. Derartige Schmisse hätten unbedingt korrigiert werden müssen. Dass sie in der fertigen Aufnahme belassen worden sind, wirkt irritierend. Insgesamt haben wir es hier mit einem etwas problematischen Tondokument zu tun, das nur für denjenigen geeignet ist, der lediglichden Text in einer ziemlich fragmentarischen Form kennen lernen will. Einem echten Wagnerianer wird es wohl wenig Freude bereiten.
Ludwig Steinbach
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 171