Claxton, William und Joachim E. Berendt: New Orleans. Jazzlife, 1960. – Köln u.a.: Taschen, 2006. – 192 S.: zahlr. Abb.
ISBN 978-3-8228-1180-1 : € 19,99
Erst Ende letzten Jahres brachte der Taschen-Verlag einen opulenten Bildband heraus: „Jazzlife“, die erweiterte Neuauflage eines legendären Buches, das 1961 erstmals erschien und schnell zu einem der meistverkauften Musikbücher avancierte (s. Rez. FM 2006/1, S. 103f). Damals hatten sich der als „Jazzpapst“ bekannt gewordene deutsche Musikwissenschaftler Joachim Ernst Berendt und der erfolgreiche amerikanische Fotograf William Claxton auf eine Reise quer durch die USA begeben, um nach Spuren und Schauplätzen des Jazz zu suchen. Auf den Straßen, in Kirchen und Clubs, ja selbst im Staatsgefängnis von Louisiana wurden sie fündig, und Claxton lichtete die Musiker stets in ihrer natürlichen Umgebung ab. Dabei gelangen ihm außergewöhnliche Aufnahmen, die die Vitalität und überschäumende Kraft dieser Musik ganz vortrefflich einfingen.
Zu den eindringlichsten und berührendsten Fotos gehören jene aus dem quirligen kulturellen Schmelztiegel New Orleans, der Geburtsstadt des Jazz. Diese Fotos hat der renommierte Jazzfotograf nun zu einem eigenen Fotoband zusammengestellt, der der vom Hurrikan Katrina verwüsteten Stadt ein Denkmal setzen soll.
Der Aufenthalt in New Orleans, erinnert sich Claxton in seinem Vorwort, sei wie ein „Besuch im Himmel des Dixieland-Jazz“ (S. 43) gewesen. Berendt und er trafen auf eine vibrierende Musikszene, die der Fotograf in schwarz-weiß wie auch in Farbe dokumentierte. An ihrer Spitze standen die berühmten „Marching Bands“, die Beerdigungen, kirchliche Prozessionen und Umzüge begleiteten, von denen durchaus mehrere am selben Tag stattfinden konnten. Besonders farbenprächtig waren die Beerdigungen, die nach der Trauerfeier in eine fröhliche Party mündeten. Auf den Fotos sieht man einmal elegant gekleidete und prächtig geschmückte Musiker, dann wieder ausgelassen Feiernde am Straßenrand oder „Second Liners“, harte Burschen, die kein Instrument spielen können und ihre bunten Sonnen- und Regenschirme schwenken, während sie einen Zug tanzend begleiten.
Daneben gibt es auch Aufnahmen, die die Musiker in ihrem privaten Rahmen zeigen, mal festlich gekleidet in ihren Wohnungen, mal vor ärmlichen Häusern, die Instrumentenkoffer in der Hand. Hier sieht man auch die andere Seite von New Orleans, jenseits etwa des glanzvollen French Quarter.
Reisenotizen des inzwischen verstorbenen J. E. Berendt, die in englisch, französisch und deutsch abgedruckt sind, runden den phantastischen Bildband ab.
Friedegard Hürter
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S. 398f.