Barenboim, Daniel: Musik ist alles und alles ist Musik. Erinnerungen und Einsichten / Aus d. Italien. übers. von Christiane Landgrebe. – Berlin: Berlin, 3. Aufl. 2014. – 144 S.
ISBN 978-3-8270-1201-2 : € 16,99 (geb.)
Ein edles, kleinformatiges Büchlein hält der Leser mit Musik ist alles und alles ist Musik in der Hand, gerade einmal 144 Seiten lang (und dazu großzügig-elegant gesetzt). Es gliedert sich in „Themen“, „Dialoge“ und „Epilog“ und umfasst insgesamt zwölf Kapitel. Der Leser bekommt kleine Häppchen präsentiert, unterhaltsam geschrieben – oft im Plauderton, handelt es sich doch großenteils um Reden oder aufgezeichnete Gespräche. Deren Inhalt ist jedoch alles andere als anspruchslos. Schon mit dem ersten Kapitel „Ethik und Ästhetik“ sieht sich der Leser komplexen Überlegungen gegenübergestellt. In der Folge werden die Themen zwar greifbarer, aber deshalb nicht weniger vielschichtig. „Gedanken und Reflexionen eines Künstlers von Weltrang – weit über die Sphäre der Musik hinaus“, heißt es im Umschlagtext. Und genau das wird dem Leser geboten: Daniel Barenboim lässt ihn an seiner Sichtweise auf die Musik und die Welt teilhaben. An zentraler Stelle stehen für den argentinisch-israelisch-spanisch-palästinensischen Künstler der Nahostkonflikt und seine Lösung, um die Barenboims Gedanken unablässig zu kreisen scheinen. Darauf rekurriert er auch von musikalischen Themen wie Mozarts Opern, von der Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele und – natürlich – von Wagners Musik. Als einzigen Ausweg aus dem Konflikt sieht Barenboim die gegenseitige Anerkennung von Israelis und Palästinensern. Nicht zuletzt durch die Gründung des West-Eastern Divan Orchestra möchte er seinen eigenen Beitrag dazu leisten.
Musik ist alles und alles ist Musik lautet der passende Titel für Barenboims neuestes Buch, in dem er so viel Außermusikalisches von der Musik herleitet und auch auf sie zurückführt. Es ist ein Sammelsurium an Texten, die zu unterschiedlichen Gelegenheiten entstanden sind. Nebeneinander gestellt werden z. B. Gespräche über Carmen, eine Rede zur Verleihung des Willy-Brandt-Preises und eine Erinnerung an Dietrich Fischer-Dieskau. Und natürlich darf in solch zeitlicher Nähe zum Jubiläumsjahr ein Beitrag zu Giuseppe Verdi nicht fehlen. Zumal Barenboim seit Jahren nicht nur als GMD an der Staatsoper Berlin wirkt, sondern ebenso an der Mailänder Scala. In Italien entstand auch dieses Buch, die deutsche Ausgabe ist bis auf drei Aufsätze, die schon auf Deutsch vorlagen, eine Übersetzung von Christiane Landgrebe. Offensichtlich ist die Nachfrage nach Barenboims Gedankengut und Schriften nach wie vor groß, liegt das Buch doch bereits in dritter Auflage vor. Was den Leser erwartet, ist kein Sachbuch im eigentlichen Sinne; was er erfährt, sind keine musikwissenschaftlichen Erkenntnisse, sondern persönliche Erfahrungen und Einschätzungen des großen Künstlers und Pazifisten Barenboim.
Claudia Thieße
Mannheim, 14.06.2014