Tadeusz Krzeszowiak: Freihaustheater in Wien 1787-1801. Wirkungsstätte von W.A. Mozart und E. Schikaneder

Krzeszowiak, Tadeusz: Freihaustheater in Wien 1787–1801. Wirkungsstätte von W. A. Mozart und E. Schikaneder. Sammlung der Dokumente. – Wien: Böhlau, 2009. – 496 S.: zahlr. Abb.
ISBN 978-3-205-77748-9 : € 35,00 (geb.)

Dieses abbildungs- und dokumentenreiche Buch, das eher den Eindruck eines gut betexteten Ausstellungskatalogs macht, ist für die Erforschung und detaillierte Darstellung eines wichtigen Stücks aus der Wiener Theatergeschichte sicher von großer Bedeutung. Der in Wien als Lichttechniker, Bühnentechniker, Dozent und Hobby-Dirigent lebende polnische Autor hat wohl zum ersten Mal systematisch die gar nicht lange Geschichte des Freihaustheaters auf der Wieden (nicht zu verwechseln mit dem anderen Vorstadttheater: Theater an der Wien, das noch heute existiert) recherchiert und ausführlich beschrieben. Dieses Theater, in der Wiener Vorstadt Wieden am Wienfluss, mitten in deren Freigut, in einem ausgiebigen Gelände mit eigener Verwaltung gelegen, existierte von 1787 bis 1801 und hatte seit 1791 269 Mal die „große Oper in 2 Acten“ Die Zauberflöte von der Uraufführung im September 1791 an im Programm. Für das Freihaustheater war es die erfolgreichste Produktion überhaupt. Und für Mozart war das Freihaustheater das erste nicht höfische Etablissement, in dem er die musikliebenden Bürger Wiens, vielleicht sogar Vertreter des vierten Stands, mit seiner Musik vertraut machen konnte. Der Librettist dieser Oper und ihr erster Papageno-Darsteller war der Schauspieler Emanuel Schikaneder, der das Freihaustheater ab 1789 leitete, bis er danach zum Direktor des Theaters an der Wien berufen wurde.
Das spannendste und gelungenste Kapitel dieses Buches ist das achte, das direkt ins berufliche Metier des Autors fällt: „Licht und Bühnentechnik zur Mozart- und Schikanederzeit“. Hier gibt es viel an technischen Details und Aufführungspraktiken zu entdecken. Reich bebildert werden auch andere Bereiche der Wiener Theatergeschichte dokumentiert: die Zensur, die Geschichte des Freihauses selbst bis nach dem 2. Weltkrieg, die kurze Geschichte des Theaters im Freihausgelände von 1787 an bis zur Direktion Schikaneders ab 1789. Auch Schikaneders Werdegang bis zur Übernahme des Freihaustheaters und bis zur Uraufführung der Zauberflöte, dann wieder seine Zeit als Theaterdirektor nach Mozarts Tod wird kenntnisreich und akribisch ausgebreitet. Warum aber diesem Buch eine 130-seitige weitere Gesamtbiografie Mozarts beigegeben ist, die allseits Bekanntes referiert und jede Gedenktafel an etlichen Örtlichkeiten abbildet, ist völlig unerfindlich. Auch eine 30-seitige nochmalige Interpretation der Zauberflöte, diesmal als „Hohes Lied der Aufklärung“, will recht überflüssig scheinen. Eine fundierte Geschichte des Freihaustheaters mit einer Biografie ihres langjährigen Direktors Schikaneder wäre genügend und vor allem neuartiger Stoff gewesen. Weniger wäre hier also mehr gewesen. Unentbehrlich sind allerdings die zwölf Tabellen, in denen eine nach verschiedenen Aspekten ausdifferenzierte Spielplanstatistik geliefert wird.

Peter Sühring
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 30 (2009), S. 355f.

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