Berlin: Sing-Akademie zu Berlin obsiegt im Rechtsstreit um das Haus „Am Kastanienwäldchen“

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat am 07. Dezember 2012 endgültig festgestellt, dass die Sing-Akademie zu Berlin nie enteignet wurde und deshalb bis heute Eigentümerin von Grundstück und Gebäude „Am Kastanienwäldchen“ ist. Das gegenteilige Urteil des Kammergerichts Berlin vom 7. Juli 2011 wurde aufgehoben. Damit endet eine jahrelange Auseinandersetzung mit dem Land Berlin, das das Eigentum mit der Behauptung, die Sing-Akademie zu Berlin sei während der Sowjetischen Besetzungszeit aufgelöst und enteignet worden, für sich reklamiert hatte.
Georg Castell, der Vorsitzende der Sing-Akademie zu Berlin sagte dazu: „Ich freue mich und bin erleichtert, dass jetzt endlich Klarheit herrscht. Das sind gute Nachrichten nicht nur für die Sing-Akademie, sondern für alle, die sich in Berlin bürgerlich engagieren. Ich bin sicher, dass sich für alles Weitere konstruktive Lösungen mit der Senatsverwaltung finden lassen werden.“
Gegenwärtig ist das Gebäude die Spielstätte des Gorki-Theaters. Dazu Castell: „Die Sing-Akademie respektiert das Existenzrecht des Gorki-Theaters. Wir wollen, dass das Gorki am Ort uneingeschränkt weiterspielen kann. Das Theater soll nicht das gleiche Schicksal erleiden wie die Sing-Akademie selbst. Dazu haben wir dem Senat von Berlin Vorschläge gemacht.“

Hintergrund zur Sing-Akademie zu Berlin

Die Sing-Akademie zu Berlin ist der älteste gemischte Chor der Welt. Sie wurde 1791 als Gesellschaft freier Bürger und „Kunstverein für die heilige Musik“ gegründet. Erstmals in der Geschichte trafen sich Männer und Frauen jeglicher Konfessionen, um gemeinsam alte und neue Kompositionen für mehrere Stimmen zu singen.
Damals wie heute ist die Sing-Akademie ein fester Bestandteil des musikalischen Lebens in Berlin. In ihren Konzerten, offenen Singen, Liedertafeln, Auditorien und Vorträgen präsentiert sie ein vielfältiges Angebot für Kinder und Erwachsene, Studierende, Liebhaber und professionelle Sänger. Als ein von bürgerlichem Engagement getragener Verein fühlt sie sich den Idealen der aufgeklärten Berliner Zivilgesellschaft um 1800 in besonderer Weise verpflichtet. Damit verbindet sich auch der Anspruch zwischen Forschung und musikalischer Praxis, zwischen Hörenden und Aufführenden, zwischen Avantgarde und Tradition zu vermitteln und ein Treffpunkt für Wissenschaftler, Autoren und Komponisten der Gegenwart zu sein.

Hintergrund zum Haus der Sing-Akademie

Im Jahr 1824 überließ König Friedrich Wilhelm III. der Sing-Akademie das hinter der Neuen Wache gelegene Grundstück „Am Kastanienwäldchen“, „um darauf ein zu Singübungen und Versammlungen bestimmtes Gebäude zu errichten“. Zusätzlich erwarb die Gesellschaft eine Arrondierungsfläche im Bereich des zwischenzeitlich zugeschütteten Festungsgrabens. Hier ließ sie auf der Grundlage eines Entwurfs von Karl Friedrich Schinkel durch Karl Theodor Ottmer ein „Haus für die Chormusik“ erbauen.
Das 1827 eingeweihte Gebäude war der erste reine Konzertsaal Berlins, in dem in den folgenden Jahren zahlreiche bedeutende Werke zur Aufführung gebracht wurden. So erklangen hier Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion, Johannes-Passion und die h-Moll-Messe erstmals wieder nach dem Tod des Meisters. Beethovens 9. Symphonie und Haydns Die Jahreszeiten erlebten hier ihre Berliner Erstaufführung. Humboldt hielt hier die berühmten „Kosmos-Vorlesungen“. Nach der Märzrevolution von 1848 tagte im Gebäude der Sing-Akademie vom 22. Mai bis in den September 1848 die erstmals aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Preußische Nationalversammlung.
Dank der hervorragenden Akustik spielten hier die größten Künstler ihrer Zeit, wie Niccolò Paganini, Franz Liszt, Clara und Robert Schumann, oder Johannes Brahms. Zu den zahlreichen Schallplattenaufnahmen, für die der Saal als Tonstudio diente, gehören Einspielungen der Berliner Philharmoniker unter Wilhelm Furtwängler und nicht zuletzt Marlene Dietrichs Chanson Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt.
Am Abend des 22. November 1943 wurde das Haus durch Brandbomben schwer beschädigt. Auf Befehl der sowjetischen Militäradministration (SMA) wurde das Gebäude als Mehrspartenhaus wieder aufgebaut und ab Mai 1947 als Spielstätte, u. a. für Chor und Tanzensemble der Roten Armee, genutzt. Im Mai 1950 übergab die Sowjetische Kontrollkommission die Verwaltung unter ausdrücklicher Wahrung des Eigentums der Sing-Akademie an die Regierung der DDR, die die Nutzung der Gesellschaft für deutschsowjetische Freundschaft übertrug. Seit 1952 und bis heute ist es Spielstätte des Maxim-Gorki-Theaters.

Kontakt:
Georg Castell, Vorsitzender der Sing-Akademie zu Berlin
Ackerstr. 3a, 10155 Berlin
Tel: 0172-3900933

Pressemitteilung der Sing-Akademie zu Berlin, 07.12.2012

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