Christoph Graupner. Thematisches Verzeichnis der musikalischen Werke. Graupner-Werke-Verzeichnis GWV – Geistliche Werke. Kirchenkantaten 1. Advent bis 5. Sonntag nach Epiphanias / Hrsg. von Oswald Bill. – Stuttgart: Carus, 2011 – XXIV, 760 S.: Notenbsp.
ISBN 978-3-89948-159-4 : € 148,00 (geb.)
Oswald Bill, dem Leiter der Arbeitsstelle Graupner Werkverzeichnis an der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, ist es zu verdanken, dass durch diese Publikation neben dem seit 2005 vorliegenden Verzeichnis der Instrumentalwerke von Christoph Graupner (1683 – 1760) (hrsg. von Oswald Bill und Christoph Großpietsch) endlich ein Teil des überaus umfangreichen Graupnerschen Vokalschaffens erschlossen ist. Es sei hiermit „ein Anfang markiert“ (S. VII), betont Bill im Vorwort. Denn von den mehr als 1.400 überlieferten und ausschließlich in Darmstadt entstandenen Kirchenkantaten des Vize- und ab 1711 Hofkapellmeisters der beiden hessen-darmstädtischen Landgrafen Ernst Ludwig und Ludwig VIII. sind in diesem ersten Band „lediglich die 280 Kantaten des Weihnachtsfestkreises“ (ebd.) aufgearbeitet. Ihre Anordnung in vorliegendem Werkverzeichnis (WV) entspricht der Abfolge der Sonn- und Feiertage im Weihnachtsfestkreis, also in der Zeit vom 1. Advent bis zum Sonntag Septuagesima, dem 5. Sonntag nach Epiphanias. Innerhalb der Sonn- und Feiertagsgruppen sind die Kantaten chronologisch geordnet. Die früheste Kantate Liebster Gott, vergiss mein nicht (GWV 1104/09) stammt aus dem Jahr 1709, die letzte Gott der Herr ist Sonne und Schild (GWV 1113/54) aus dem Jahr 1754. Ausführliche Incipits, bei denen neben den Vokalstimmen auch die führenden Instrumente verzeichnet sind, ermöglichen nicht nur eine klangliche Vorstellung der jeweiligen Kantaten, sondern auch Vergleiche und somit einen Nachvollzug von Graupner stilistischer Entwicklung. Zu jeder Kantate, der jeweils eine WV-Nummer zugeordnet ist, gibt es entsprechende Hinweise: auf die Quelle bzw. die Quellen, auf den Umschlagtitel; gegebenenfalls auf die Schlüsselung (z.B. für die Hörner, die Chalumeaux, die Oboe d’amore) und auf die Continuobezeichnung (Cembalo oder Organo); auf die Datierung, bei der vermerkt ist, ob es sich um eine autographe oder um eine von fremder Hand niedergeschriebene Mitteilung handelt. Ausführlich werden die vertonten Texte (Bibelstellen, Psalmen, Liedstrophen aus den mehrfach zitierten fünf Gesangbüchern und aus Graupners Choralbuch) aufgelistet und gegebenenfalls mit Literaturhinweisen versehen; außerdem wird auf die seit 1712 jährlich gedruckten Kantatentextbücher von Georg Christian Lehms und Johann Conrad Lichtenberg verwiesen. Ihnen ist ein eigenes, bibliographisch exaktes Verzeichnis gewidmet. Hier werden auch die jeweiligen Fundorte genannt. Es folgen die Anmerkungen. In ihnen erfährt man, auf welches Datum die Sonn- und Feiertage damals fielen, für die Graupner die entsprechenden Kantaten komponiert hat. Ferner ob es sich um eine Kompilation aus unterschiedlichen, dem Weihnachtsfestkreis zuzuordnenden Kantaten handelt oder ob der gleiche Text bereits schon einmal vertont wurde etc. Erfreulicherweise existieren von einigen wenigen Kantaten Einspielungen. Die Mitwirkenden und die Labels (cpo, Ricercar, Christophorus, harmonia mundi, Analekta) sind dokumentiert. Das WV enthält zudem ein Verzeichnis der allgemeinen Abkürzungen und eines der Abkürzungen der biblischen Bücher. Ferner gibt es fünf Register: für die differenziert aufgeschlüsselten Textanfänge, die vertonten Choralstrophen, die Liedmelodien, die vertonten Bibelstellen und die Quellen), außerdem ein Verzeichnis der in den Kantaten besetzten Instrumente sowie ein Literaturverzeichnis.
Mit diesem WV ist auf der einen Seite der Musikwissenschaft ein hervorragendes Arbeitsmaterial an die Hand gegeben. Auf der anderen und nicht minder wichtigen Seite finden die KirchenmusikerInnen eine Fülle von Anregungen, das eine oder andere Werk aufzuführen. Damit ginge Oswald Bills Wunsch, das WV möge eine „nutzbringende Aufnahme“ (S. X) erfahren, in Erfüllung.
Ingeborg Allihn
Berlin, 01.11.2012