Andrej Tarkovskij e la musica / Hrsg. von Roberto Calabretto. – o. O. [Lucca]: Libreria Musicale Italiana, 2010. – VIII, 309 S.: s/w-Abb., Register
ISBN 978-88-7096-623-7 : € 30,00 (kart.)
Der von Roberto Calabretto herausgegebene und von ihm mit einem überaus informativen, 50-seitigen Vorwort versehene Band Andrej Tarkovskij e la musica lässt die Gedanken des neugierigen Lesers sicherlich zuerst in Richtung Filmmusik schweifen, ist doch Tarkovskij im deutschsprachigen Raum in erster Linie – und sicherlich nicht nur unter Cineasten – als Filmregisseur (z.B. Solaris, 1972; Stalker, 1979; Nostalghia, 1983) bekannt. Doch die vorliegende Sammlung geht dankenswerterweise über die Filmmusik im engeren Sinne hinaus und öffnet damit den Blick auf die unterschiedlichen Arbeitsgebiete und Vernetzungen Tarkovskijs. Die versammelten 14 Beiträge, denen bedauerlicherweise keine englischen Abstracts beigefügt sind, behandeln nicht nur die sorgfältig gestalteten und hinsichtlich ihrer Bild-Musik-Relation außergewöhnlich subtilen Soundtracks der Filme Tarkovskijs (es sei hier beispielsweise nur an die Kombination von Edvard Artem’evs elektronischer Komposition mit Musik von Johann Sebastian Bach in Solaris erinnert). Zahlreiche Autoren gehen auch auf Tarkovskijs eher unbekannte Tätigkeit als Opernregisseur sowie auf seine überaus detaillierten filmästhetischen Überlegungen ein (auf deutsch 1989 unter dem Titel Die versiegelte Zeit veröffentlicht), in denen der Ebene des Sounds (d. h. Musik und Geräusch sowie Sprache und Stille) eine weit über die bloß funktionalen Aspekte der Bild-Begleitung hinausreichende Position eingeräumt wird. Zudem verfolgen gleich mehrere Aufsätze die aus diesem einflussreichen filmästhetischen Denken hinausweisenden Überlegungen im Schaffen anderer Komponisten wie Luigi Nono, György Kurtág, Beat Furrer sowie Wolfgang Rihm und belegen die Bedeutung, die solche aus ursprünglich funktionalen Aspekten entstandenen Ansätze für die neue Musik haben können. Eine Übersetzung ins Deutsche ist gerade auch vor diesem Hintergrund höchst wünschenswert.
Markus Bandur
Berlin, 16.10.2012
, Wolfgang Rihm