Henisch, Peter: Großes Finale für Novak. Roman. – St. Pölten: Residenz, 2011 – 296 S.
ISBN 978-3-7017-1547-3 : € 22,90 (geb.)
Franz Novak ist dank seiner rebellierenden Gallensteine im Krankenhaus gelandet. Sehr lange, fast zu lange hat er mit seinen Schmerzen hinter dem Berg gehalten. Eine Operation im letzten Moment war schließlich notwendig geworden. Ein neues Leben beginnt. Ganz zaghaft schleichen sich Neuerungen in die ausgetretenen Lebenspfade von Franz und dessen Ehefrau Herta. Ausführlich führt uns der schreibgewaltige Peter Henisch in die langweilige Vorstadtidylle der beiden Protagonisten ein. Praktisch und im Grünen hatten sich die beiden etabliert, doch der einzige Sohn dieser Verbindung hat sich bald aus dem Staub gemacht – nach Übersee. Herta und Franz sind sich ausgeliefert, eine verschworene Gemeinschaft, ein Paar, dessen Macken und Eigenheiten sich ungebremst verfestigen konnten, ein Paar, das nicht wirklich sagen kann, weshalb es überhaupt in diese Lebensgemeinschaft eingestiegen ist. Henisch beschreibt unverstellt direkt das eheliche Einerlei der Nowaks und der betretene Leser fragt sich, wo sich hier eigentlich ein krimineller Plot anbahnt.
Immerhin gibt es die hübsche Krankenschwester mit Migrationshintergrund aus der Klinik, Manuela, die unterschiedliche Gefühle im unfreiwilligen Frühpensionär Novak geweckt hat. Sehr zum Missvergnügen seiner Ehefrau, die mit Argwohn die subtile Veränderung ihres Mannes bemerkt und deutet. Waren sich die Eheleute bisher darin einig gewesen, dass Opernmusik schlicht abscheulich ist und in ihren heiligen vier Wänden nichts zu suchen hat, schleichen sich im Haushalt klassische Laute ein. Schon von weitem hört die von der Arbeit heimkehrende Herta schrilles Schreien aus ihrem Häuschen dringen, jedenfalls in ihren Ohren handelt es sich um schrilles Geschrei. Zu ihrer Verblüffung lauscht ihr bisher gehorsamer, ja ergebener Gatte den Best of-Arien der Callas. Herta ist alarmiert und handelt. Doch was sich nun wirklich abspielt, breitet sich sehr langsam und bedächtig, der Vorstadtidylle entsprechend und der verlangsamten Auffassungsgabe Franz Novaks genügend vor dem Leser aus. Henisch ist wundervoll in seiner präzisen, freundlichen und zugleich frechen Beschreibung dieser Gartenzwerg-Atmosphäre. Humorvoll, doch nie laut, geht er der kriminellen Geschichte auf den Grund, den auszuloten ich Ihnen ans Herz lege. Wundervoll sind die ausführlichen Einlassungen zur Mutation des frischgebackenen Musikliebhabers, der sich mit den Stolpersteinen seines Nichtwissens kraftvoll auseinandersetzt und schließlich sogar den Weg ins Opernhaus findet. Mehr will ich nicht verraten. Mit viel Musik, Herz, Schnauze und sehr stilsicher bereitet der Autor ein literarisches Lesevergnügen und eine ungewöhnlich verlaufende spannende Story vor uns aus. Sehr zu empfehlen.
Bettina von Seyfried
Berlin, 08.01.2012