Fueter, Daniel: Das Lächeln am Fuße der Tonleiter. Betrachtungen zu Musik und Gesellschaft. – Zürich: rüffer & rub, 2011. – 224 S.
ISBN 978-3-907625-55-2 : € 28,80 (geb.)
Daniel Fueter ist Pianist und Komponist. Außerdem stand der 1949 geborene Schweizer der Züricher Hochschule für Musik und Theater als Direktor vor. Musik schaffen und sie zu vermitteln ist integraler Bestandteil von Fueters Biografie. Wenn ein solcher Zeitgenosse nicht nur künstlerische und didaktische Fähigkeiten sein Eigen nennen, sondern auch eine literarische Begabung vorweisen kann, darf man auf das Ergebnis gespannt sein. In Das Lächeln am Fuße der Tonleiter knüpft der Autor an ein Buch von 2007 an, das mit Kontrapunkte und Koloraturen. Über die Unentbehrlichkeit der Musik (rüffer & rub) überschrieben war. Leitmotive waren damals die Ökonomisierung der Kunst und der Widerstand, der dieser entgegengebracht werden müsse. Auch vier Jahre später schreibt Fueter gegen die neoliberalen Tendenzen, die sich trotz aller politischen und wirtschaftlichen Erfahrungen immer tiefer in das kulturelle Leben einzuflechten scheinen. In Analogie zu einem seiner Vorträge, in dem Voltaires „Cultiver son jardin“-Motiv lebhafte Umsetzung findet („Notizen zur Musikförderung“, S. 133ff), ist dies der Humus, der Fueters Gedankenspielen Nahrung gibt.
So sehr bewegt ihn seine Mission, dass er im Nachwort zugibt: „Meine Töchter stellen seit vielen Jahren liebevoll fest, ich würde recht eigentlich immer denselben Vortrag schreiben: Nieder mit dem Neoliberalismus“ (S. 223). Den Töchtern ist zuzustimmen, auch wenn Fueter seine Kerngedanken nicht plump und plakativ vor sich her trägt. Die Kritik ist vielmehr verpackt in zahlreiche Aufrufe, sich der Wertigkeit von Musik und Kunst wieder bewusst zu werden. Dieser Weg kann über ein Lächeln führen („Humor in der Musik“, S. 30ff), durch Donner begleitet werden („Über das digitale Verfertigen von Gewittern“, S. 122ff) oder eingehüllt sein in sanfte Simon-and-Garfunkel-Harmonien („Der Lügenbaron als Wahrsager – Anmerkungen zu Kunst und Krise“, S. 65ff). Und wenn Fueter sich in „Über das Lesen zwischen den Zeilen“ (S. 90ff) dem Musikunterricht zuwendet, mag mancher Leser bedauern, nicht auch so einen umsichtigen Lehrer gehabt zu haben. Maßlose Hast ist es, die Fueter hier anprangert, und der er ein „tastendes Nachdenken“ (S. 95) entgegensetzt. Dass der Autor es ernst meint, davon zeugt auch sein Schreibstil: Langsam kreist er seine Themen ein, nimmt Umwege in Kauf, horcht nach – die Kurzatmigkeit moderner Präsentationstechniken ist seine Sache nicht. An diesem Punkt aber kann man den kritischen Hebel ansetzen. Fueters Texte basieren auf mündlich gehaltenen Vorträgen der letzten Jahre. Als Zuhörer mag man sich den geschliffenen Formulierungen gerne hingeben, wohlig zurückgelehnt und in Erwartung des folgenden Buffets. Als Leser jedoch wünschte man sich bisweilen mehr von dem Effizienzdenken, gegen das der Autor sich wendet. Denn so brillant manche Abschnitte auch geraten sind (z. B. die Erinnerung an die eigenen Orgelstunden, S. 110), eine stringentere Textdramaturgie wäre für die Vermittlung der Kernthesen hilfreich gewesen.
Michael Stapper
München, 12.10.2011