Bischoff, Lisbeth: Udo Jürgens: „Merci“. Die Biographie. – Wien: Amalthea, 2009. – 240 S.: 55 Abb.
ISBN 978-3-85002-675-8 : € 19,95 (geb.)
Über all den Feierlichkeiten zu den Jubiläen von toten Komponisten, meist denen der sog. E-Musik, sollte man nicht vergessen, daß es auch lebende Komponisten gibt, die nicht nur einen runden Geburtstag feiern konnten, sondern sich bester Gesundheit erfreuen und sogar noch immer mit ihrer Musik durch die Lande touren. Dabei mobilisieren sie oft mehr Zuhörer als die Erstgenannten. Einer von ihnen ist Udo Jürgens, der am 30.September 2009 seinen 75. Geburtstag feierte und immer noch ein Publikumsmagnet für alle Altersklassen ist (die Rez. kann dies bezeugen, sie war im Oktober 2009 in einem der Konzerte, einem Zusatzkonzert, da die KölnArena beim ersten Termin ausverkauft war!). – Ein Fan vom Backfischalter an ist Lisbeth Bischoff, heute Gesellschaftsjournalistin, die im Alter von 14 Jahren ihr erstes Autogramm vom Star persönlich erhielt. Ihre Hommage an Udo Jürgens zu seinem 75. Geburtstag erzählt „von meinen unzähligen, ganz persönlichen Begegnungen mit dem Weltstar, dessen Karriere und Leben mich seit vierzig Jahren faszinieren.“ Sie tut dies, indem sie chronologisch vorgeht und die Höhen, aber auch die Tiefen dieser jahrzehntelangen Künstlerkarriere begleitet: Den Durchbruch hatte Udo Jürgens 1966 beim Grand Prix in Luxemburg, als er mit seinem Lied Merci Cherie den ersten Platz erlangte. Das war noch vor Lisbeth Bischoff, die erst während der Udo 70-Tournee in sein Leben trat bzw. umgekehrt. Bischoff begleitet ihn in ihrem Buch bis zur vorläufig letzten Tournee Einfach Ich (2009). Alle Stationen bettet sie ins Zeitgeschehen ein; wer bislang nicht wußte, daß Udo Jürgens ein Österreicher ist, weiß es jetzt: es sind dies größtenteils Ereignisse, die sich in Österreich abspielten.
„Was kann der Leser von einer Biografie über Udo Jürgens erwarten, die von einem Fan geschrieben wurde?“ (S. 9). Passagen wie diese: „Udo Jürgens ist ein Entertainer, und er tut, was ein Entertainer tun muss: Er unterhält. Auch er schwitzt, weil Bühnenarbeit nun mal anstrengend ist, aber Udo Jürgens transpiriert mit Stil. Eingehüllt in die Faserschmeichler, die seinen verschwitzten Körper streicheln, wärmen und verwöhnen. Die feinen Schlingen echten Frottees sind für alle, die ihrer Haut gern ein paar Streicheleinheiten gönnen, das Höchste an sensiblem Wohlbefinden. Doch Udo Jürgens ist nicht der Erste, der diesen Luxus an seinen Körper lässt …“ (S. 78) und es folgt noch eine ganze Seite über „den Siegeszug des Frottiers in [die] heimischen Badezimmer“. Spätestens an dieser Stelle erkennt man, daß der Autorin der nötige Abstand zum Portraitierten fehlt, ein Manko, dessen Bischoff sich übrigens bewußt ist, was sie wiederum sympathisch macht. Wenn sie zu Recht beklagt, daß Udo Jürgens kaum wegen seiner künstlerischen Leistungen, sondern eher wegen seiner Privatgeschichten in die Schlagzeilen gerät, so trägt ihr Buch auch nicht dazu bei, dies zu ändern.
„Nebenwirkungen beim Lesen dieser Biographie sind erwünscht: Vielleicht steckt meine Bewunderung für das Schaffen dieses großen Musikers den geschätzten Leser an“ (S. 10); das Gegenteil ist der Fall: Trotz dieses Buches bleibt die Rezensentin ein Fan des Künstlers Udo Jürgens. Für Fans der Herzblattgeschichten; für Musikbibliotheken eher nicht geeignet.
Jutta Lambrecht
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 74f.