Klimanski, Manfred: Schmitts tiefer Fall. Der zweite Fall des Privatermittlers Schmitt. Norderstedt: Books on Demand, 2015. – 300 S.
ISBN 978-3-7347-7300-6 : € 9,99 (kart.; auch als e-Book)
Der Privatdetektiv Schmitt im Krimi von Manfred Klimanski, dem pensionierten Kanzler der Hochschule für Musik Freiburg, ermittelt bereits zum zweiten Mal. Schauplatz ist die fiktive Stadt Ostratal im Süden Deutschlands, eine 300.000 Einwohner zählende Großstadt mit entsprechender kultureller, politischer und gesellschaftlicher Infrastruktur, die eigens für den Plot konstruiert wurde und keine Rückschlüsse auf etwaige tatsächliche Örtlichkeiten zulässt. Schmitt ist ein ziemlich abgerissener und – wie man dem Titel entnehmen kann – letztlich unglücklicher (wenn auch nicht ganz erfolgloser) Ermittler, dessen Sturz am Ende doppelte Bedeutung zukommt. Seine Exgattin Prof. Dr. Susanne Mälis ist Inhaberin eines Lehrstuhls für Musikwissenschaft an der örtlichen Universität. Mit entsprechend fachlichem Hintergrundwissen ausgestattet hilft sie ihrem Mann uneigennützig bei der Bearbeitung seiner Aufträge.
Der Kriminalfall ereignet sich im Umfeld eines Streichquartett-Wettbewerbes, den die Stadt Ostratal ausrichtet, wobei einer der Hauptsponsoren unauffindbar abhandenkommt. Dieser gehört zu den Honoratioren der Stadt, ist politisch und gesellschaftlich bestens vernetzt und tut sich als Gutmensch und Mäzen vor allem in kultureller Hinsicht hervor. Die Tarnung gelingt hervorragend, seine gleichwohl im Übermaß vorhandene kriminelle Energie investiert er in dubiose Finanzgeschäfte, Aktivitäten im Rotlichtmilieu und mafiöse Unternehmungen. Diese konnte er bislang hinter der Fassade der Wohlanständigkeit verbergen – bis er spurlos verschwindet und der Wettbewerb gefährdet scheint. Der Leser erfährt im Zuge der Ermittlungen und durch eingefügte Rückblenden von der dunklen Vergangenheit dieses Mannes, der sich mithilfe seiner Skrupellosigkeit, seiner emotionalen Geschmeidigkeit und Tüchtigkeit ein beispiellos erfolgreiches Geschäftsmodell erarbeitet hat, das ihn letztlich das Leben kostet. Die Anzahl der handelnden Charaktere dieses Krimis bleibt überschaubar, dafür sind diese um einiges unsympathischer geraten: die einen haben keinerlei Gewissen, die anderen sind eitel und verlogen und nur auf ihren Vorteil bedacht. Gleich mehrere Menschen kommen ums Leben, das Klima ist rau, denn die straffällig werdenden Akteure rekrutieren sich aus dem Bereich der organisierten Schwerkriminalität, der ukrainischen Mafia und der Schlägertypen aus diversen Amüsierbetrieben.
Manfred Klimanski formuliert versiert und abwechslungsreich, manchmal für den Geschmack der Rezensentin zu schnoddrig, aber er überzeugt durch kulturelles und verfahrenstechnisches Hintergrundwissen. Einigermaßen fassungslos macht seine kenntnisreiche und detailgenaue Darstellung der komplizierten Finanzierungsstrategien in der Kulturverwaltung, die er – so man ihm ja nicht praktisches Erfahrungswissen aus seiner beruflichen Vergangenheit unterstellen möchte – mindestens hervorragend recherchiert und ebenso plausibel geschildert hat. Obwohl man Schmitts tiefer Fall nicht zuletzt aufgrund der wirklich spannenden Handlung eher dem Genre eines Thrillers zurechnen würde, kommt es dem Autor nicht nur auf den Plot und möglichst viel Action an, sondern er bleibt bei seinen Figuren. Er schildert Bewusstseinszustände, Motive und Befindlichkeiten seiner Akteure, treibt aber dennoch die Handlung vorwärts durch Schauplatzwechsel und unterschiedliche Aktionszusammenhänge. Der Schluss überrascht.
Künstlerischer Erfolgsneid in allen erdenklichen Spielarten und kriminelle Machenschaften im Windschatten des Kulturbetriebs sind reizvolle Themen für Krimiautoren. Der Verfasser bleibt auf spezielle Art seinem Thema treu und verfolgt stringent und logisch die Handlungsstränge. Die unterschiedlichen Beziehungsebenen machen den Roman mehrdimensional und nötigen dem Leser Konzentration ab. Der Humor kommt nicht zu kurz, wenn er auch etwas deftig ist. Als kleine Kritik am Rande sei vermerkt, dass bei literarischen Krimis ein sorgfältigeres Lektorat im Hinblick auf Druckfehler angebracht gewesen wäre. Vielleicht ist das bei Taschenbuchausgaben zu viel verlangt; auch wenn es sich dabei nicht um Verbrauchsliteratur handelt – Wiederlesen ist intendiert.
Claudia Niebel
Stuttgart, 06.06.2017
überarb. Fassung der zuerst in FM 37/1 (2016) veröffentl. Rezension