Leveratto, Pietro: Die Musiktherapie. Songs und Stücke für Lebens- und Stimmungslagen aller Art / Unter Mitarbeit von Alexander Weber. Übers. aus d. Ital. von Judith Elze. – München: Hanser, 2015. – 416 S.
ISBN 978-3-446-24948-6 : € 19,90 (geb.)
Original: Con musica: Note e storie per la vita quotidiana
Ein wenig führt der Buchtitel in die Irre: Die Musiktherapie – handelt es sich hierbei um eine medizinisch-wissenschaftliche Abhandlung? Mitnichten, wie auch der Untertitel verdeutlicht: Songs und Stücke für Lebens- und Stimmungslagen aller Art. Es handelt sich um einen unterhaltsamen Ratgeber, der für jede Krise die richtige Musik kennt, eine Übersetzung des italienischen Con musica: Note e storie per la vita quotidiana, geschrieben von Pietro Leveratto. An der deutschen Version arbeitete neben Übersetzerin Judith Elze auch Lektor Alexander Weber mit und adaptierte das Buch geschickt für den deutschen Leser.
In alphabetischer Reihenfolge werden rund 220 Stichworte – „Symptome“ – aufgelistet, von A wie „Abnehmen wollen“ über K wie „Kinder, die nicht einschlafen wollen“ bis Z wie „Zwanghaftigkeit“. Zu jedem werden mehrere „therapeutische“ Songs angeführt: Musikstücke jeglicher Genres, die das beschriebene Symptom behandeln. Querverweise verbinden die Stichworte, ein chronologisches Lesen von vorne nach hinten ist möglich, aber nicht nötig. Ein Stichwortregister sowie Werk- und Personenregister ergänzen den Band.
Die Artikellänge liegt durchschnittlich bei drei bis vier Seiten, teils deutlich darunter. „Stress“ z. B. wird auf einer knappen Seite abgehandelt mit einem wissenschaftlich fundierten Bericht über Marconi Unions Weightless, einen Song, der als entspanntestes Musikstück der Welt komponiert wurde. Leveratto findet unerwartete und pfiffige Stichworte und originelle „therapeutische“ Werke. Mit fundierter Sachkenntnis skizziert er stets Hintergrund des Stückes und des Musikers. Als Jazz-Kontrabassist legt er einen Schwerpunkt auf den Jazz- und Rock-Pop-Bereich, vernachlässigt aber auch Opern und klassische Instrumentalmusik nicht. Er gräbt unbekannte Stücke aus wie z. B. Alfred Schnittkes Moz-Art für 6 Instrumente (zum Thema „Verheiratet sein“), berichtet über den Aufnahmeschwindel der Pianistin Joyce Hatto („Täuschen und getäuscht werden“) oder auch über den Komponisten Jägermeier („Halluzinationen“), dessen Leben und Werk selbst eine einzige Halluzination war. Mit diesen Fakten überrascht er wohl so manchen Musikprofi.
Leveratto empfiehlt Mozarts unvollendetes „Requiem“ für Perfektionisten, Schumanns Chorstück Zahnweh op. 55 Nr. 2 als Trost bei Zahnschmerzen oder Walking on Sunshine bei schlechter Laune. Manchmal verliert er sich in seiner Euphorie und kommt vom Thema ab; nichtsdestotrotz bietet „Die Musiktherapie“ mehr oder weniger ernst gemeinte Tipps, auf jeden Fall aber interessante und unterhaltsame Lektüre für Musikkenner und -freunde.
Claudia Thieße
Potsdam, den 21.04.2016