Web Design: Music Sites / Hrsg. von Julius Wiedemann. – Köln: Taschen, 2006. – 191 S.: Ill. (Icons)
ISBN 3-8228-4958-8 : € 6,90 (kart.)
Dass Musik und bildende bzw. darstellende Künste fruchtbare Verbindungen eingehen können, ist weithin bekannt. Notendruck, Oper und nicht zuletzt die grafischen Meisterleistungen der Plattencover geben hiervon Zeugnis. Es ist deshalb folgerichtig, auch die Beziehung zwischen Musik und Internet genauer unter die Lupe zu nehmen, was Julius Wiedemann in „Web Design: Music Sites“ getan hat. Der Herausgeber verzichtet jedoch auf die Vorlage einer bloßen Linksammlung, sondern konzentriert sich als gelernter Designer auf die grafische Umsetzung musikalischer und musikbiografischer Inhalte. Dieser visuelle Ansatz ergibt sich von selbst, erscheint der Band doch in der „Icons“-Reihe, in der Wiedemann selbst mehrere Web-Design-Bände vorgelegt hat, und die sich darüber hinaus mit Mode, Werbung und verschiedenen Designströmungen beschäftigt.
Den Einstieg bilden interessante Fallstudien zu einzelnen Webseiten. So macht sich ein Programmierer Gedanken über die visuelle Umsetzung von Madonnas neuester Platte und ihrem Image auf der Homepage, während ein Wirtschaftsvertreter die Funktion der digitalen Landschaften als Kommunikationsinstrument zwischen Künstler, Plattenfirma und Konsument in den Vordergrund stellt. Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit dem Konzept des interaktiven Musikmachens. Der Hauptteil des Buches ist rund 130 Einzeldarstellungen exemplarischer Webseiten gewidmet, in denen mit großflächigen und farbenprächtigen Screenshots der State of the Art webbasierter Musikpräsentation demonstriert wird. Wiedemann hat sich dabei nicht nur an große Musiker-Namen gehalten, sondern seinen Blick auch auf unbekanntere Künstler, E-Musik-Komponisten, Schallplattenfirmen, Festivals und Promotionseiten von Spirituosenfirmen gerichtet. Auf jeder Seite gibt es eine (von den Agenturen selbst erstellte) kurze Zusammenfassung des inhaltlichen Konzepts der Website sowie eine standardisierte Liste mit Angaben über Agentur, Programmierung, Tools, Content, Downloads und Zeitaufwand für die Erstellung. Die Bildlastigkeit auf Kosten der Texte mag bei Büchern dieser Art grundsätzlich hinterfragt werden. In diesem Falle allerdings kann der Einwand hintangestellt werden, da dieser Band seinen Inhalt erst dann in Gänze offenbart, wenn er den User auf seinem Weg durch das Internet begleitet. Selbst erfahrene Surfer werden mit Hilfe von „Music Sites“ haufenweise neue Webseiten kennen lernen und über den Einfallsreichtum der Designer und Programmierer staunen können.
Wie aus dem Taschen-Verlag bekannt, ist auch dieses Coffee-Table-Book dreisprachig (englisch, französisch, deutsch), was unter kommerziellen und sprachdidaktischen Aspekten einleuchtend sein mag, den ohnehin knappen Textraum aber noch einmal kräftig reduziert. Dies nimmt man jedoch gerne in Kauf, bedenkt man den äußerst günstigen Preis.
Michael Stapper
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S. 408 f.