Robert Schumann: Dichtergarten für Musik. Eine Anthologie für Freunde der Literatur und Musik / Hrsg. von Gerd Neuhaus und Ingrid Bodsch – Bonn u. Frankfurt/ Main: StadtMuseum Bonn/Stroemfeld Verlag, 2007 – 489 S. : Faks.
ISBN 978-3-86600-003-2 : € 18,00 (brosch.)
Das letzte, nicht ganz vollendete Projekt des Komponisten und Musikschriftstellers Robert Schumann war – neben der Herausgabe seiner gesammelten Schriften über Musik und Musiker – eine Anthologie von Exzerpten aus der Weltliteratur, in denen sich Dichter und Denker über das Wesen der Musik äußern. Einen lebenslang fleißigeren und aufmerksameren Leser solcher lyrischer, prosaischer oder theoretischer Schriften als Robert Schumann kann man sich schwer vorstellen. Er schöpfte auch zeitlebens selbst aus diesem Fundus seiner stets lebendig gehaltenen erlesenen Bildung. Nach dem Geschmack der Zeit sollte diese Sammlung Dichtergarten für Musik heißen. Er wollte diese Anthologie seiner Lesefrüchte und literarischen Träumereien als eine exemplarische Sammlung ediert wissen, an der sich die musikalischen Bildungsbürger seiner Zeit orientieren könnten.
Die älteste Exzerptesammlung stammt aus dem Jahr 1841: Er und Clara gingen ihren Shakespeare durch. Die Hauptarbeit an verschiedenen thematischen Komplexen folgte erst in den Jahren 1854/55. Schumann teilte sich die Arbeit mit beauftragten Abschreibern, denen er die Quellen zuteilte. Bei gleichbleibendem Titel der Sammlung wechselte ihre Konzeption mehrfach; keiner der von Schumann hinterlassenen Absichten aber entspricht die nun von Gerd Neuhaus und Ingrid Bodsch herausgegebene Sammlung, die auf eine konsequent chronologische Anordnung der Exzerpte festgelegt ist. Das mag angesichts der schwankenden Absichten Schumannns die beste Lösung sein. Noch aus Endenich schrieb Schumann an Bettine von Arnim: „Das Herrlichste und Reichste haben Martin Luther, Shakespeare, Jean Paul und Rückert gespendet. Diese zumal sollten auch den ersten Teil des Dichtergartens bilden, den zweiten die Heilige Schrift bis auf die Gegenwart.“ Zwar gibt es keine Anlage dieses Schumannschen Buches letzter Hand, die verbindlich wäre, aber man kann ohne weiteres an der quantitativen Erscheinung bestimmter Autoren und Quellen in dieser Sammlung ablesen, welche qualitativen Akzente Schumann setzte. Neben den von Schumann Genannten (Luther: 9, Shakespeare: 47, Jean Paul: 42, Rückert: 24 Seiten) nimmt Goethe mit 41 Seiten einen ebenso hohen Rang ein (hauptsächlich wegen seines Briefwechsels mit Zelter) und von den Dichter und Denkern von der Antike bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts sind vornehmlich jene zitiert, die den überirdischen Aspekt der Musik betonen. Schon Homer läßt den Sänger Femios um sein Leben flehen, indem er ihn behaupten läßt: „ein Gott verlieh mir die Gabe des Gesangs, und ich belehrte mich selbst“. Dies wird in der von Schumann zitierten Übersetzung von Voss nicht so recht deutlich, aber: Hier haben wir Schumanns romantische Musikästhetik in der Nußschale.
So unverständlich es ist, daß dieses Editionsprojekt Schumanns so lange unbeachtet und unrealisiert blieb, um so erfreulicher ist es, daß es nun in jeder guten Musikbibliothek zu finden sein könnte. Kommentare von Leander Hotaki geben Aufschluß über Herkunft aller und Bedeutung mancher Stellen.
Der Band gehörte eigentlich in das Umfeld der Aktivitäten zum 150. Todestag von Robert Schumann im Jahre 2006 und konnte nun zur allerdings nachhaltigen Komplettierung der Dokumente ergänzt werden.
Peter Sühring
Zuerst veröffentlicht in FM 29 (2008), S. 155f