Tyler, Steven mit David Dalton: Does The Noise In My Head Bother You? Meine Rock ’n’ Roll Memoiren. Aus dem Amerik. übers. von Anita Weinberger – Hamburg: Edel, 2012. – 415 S.: s/w Abb.
ISBN 3-8419-0126-3 : € 24,95 (geb.)
Manche halten ihn für Mick Jagger oder zumindest dessen kleinen Bruder. Nicht nur, was die Optik betrifft. Und in seiner Autobiografie gibt er es sogar selbst zu, den Rolling Stones-Sänger zum Vorbild auserkoren zu haben. Wie Jagger scheint der Frontsänger der Kultband Aerosmith ein geborener Überlebenskünstler zu sein. Viele seiner Fans hierzulande haben auf diese Publikation gewartet. Jetzt gibt es Does The Noise In My Head Bother You?, geschrieben von Steven Tyler höchstpersönlich, endlich auch auf Deutsch.
In seinen Rock ’n’ Roll Memoiren enthüllt Rampensau Tyler pikante Details aus seinem wilden Musiker- und Liebesleben. Auf über 400 Seiten erzählt er die Story eines Rockmusikers wie er im Buche steht: von seiner verträumten Kindheit als Steven Tallarico über die bereits exzessive Jugendzeit in New Hampshire als Schlagzeuger in diversen Bands bis hin zur Endstation als gefragter Frontmann der Rocktruppe Aerosmith.
In den wilden Siebzigern ist die Band permanent auf Tour und genießt das ausschweifende Künstlerleben mit allem was dazu gehört: Sex, Drugs and Rock’n’ Roll eben. Von diesem berichtet Tyler dermaßen ausufernd und detailliert, dass es einem schon fast die Schamesröte ins Gesicht treibt. Manchmal muss man sich als Leser fast schon Sorgen um den Geisteszustand des Autors machen. Eine gewisse Chronologie geht mitunter durch den zuweilen verwirrenden Erzählstil flöten, jedoch untermauert das auch kräftig Tylers „Noise-in-my-head“-Theorie, die man sich so bestens ausmalen kann. Kleine sprachliche sowie inhaltliche Ungereimtheiten könnten Übersetzungsfehlern zuzurechnen sein. Auch erhielt Tyler Auch erhielt Tyler nicht ein Berkeley-Ehrendiplom, sondern eines vom Berklee College of Music in Boston.
Die vielen Randnotizen im Buch dürften gerade für eingefleischte Fans von Interesse sein. Zum Beispiel, dass mit zunehmendem Erfolg die Band mit dem immensen Druck des Musikbusiness zu kämpfen hatte und unüberbrückbare Divergenzen zu Brüchen führten, wie in den 1980ern zum Rausschmiss des Gitarristen Joe Perry. Dass es sich jedoch hierbei um die subjektiven Darstellungen einer männlichen „Diva“ handelt, dürfte sowohl Tyler selbst als auch dem Leser bewusst sein. Das entwertet die Geschehnisse aber nicht im Geringsten, im Gegenteil. Mit der Zeit wurde Steven Tylers Leben immer chaotischer. Trotzdem musste er als Zugpferd der Band immer wie ein Stehaufmännchen funktionieren, was er auch anprangert. Allerdings wird deutlich, wie sehr ihm Aerosmith und vor allem sein „Toxic Twin“ Joe Perry am Herzen liegt. Keinen Spaß kennt Tyler, wenn es um die 2009 veröffentlichte Steven-Tyler-Biografie von Laura Jackson – nach eigenen Angaben seine Buchhalterin – geht. Unüberlesbar verächtlich versucht er, deren „Enthüllungen“ hämisch grinsend zu widerlegen und setzt sogar noch einen oben drauf.
Insofern: Dieses etwas wirre Stückwerk ist ein Tipp für alle, die einen authentischen Einblick in das ausschweifende Leben eines amerikanischen Rockidols bekommen möchten. Nicht umsonst saß Steven Tyler 2010 als Juror in der Fernsehstarshow American Idol. Was vermutlich auch keiner weiß: Mit über 150 Millionen verkauften Alben weltweit ist Aerosmith eine der erfolgreichsten Bands der Rockgeschichte. Das lang erwartete neue Album soll Gerüchten zufolge in wenigen Tagen erscheinen.
Rebecca Berg
Frankfurt am Main, 21.08.2012