Geck, Martin: Wenn Papageno für Elise einen Feuervogel fängt. Kleine Geschichte der Musik - Berlin: Rowohlt Berlin, 2006. – 189 S. (Bücher für die nächste Generation)
ISBN 978-3-87134-546-3 : € 16,90 (geb.)
Kann ein Autor, der sich zuletzt in umfangreichen Biographien über einzelne Komponisten (Bach, Mozart) äußerte, auf nur 200 Seiten eine kleine Geschichte über mehrere Tausend Jahre Musik verfassen? Die Rezensentin, stets auf die musikalische Bildung der Jugend bedacht, wurde neugierig: Zum einen war ihr das Buch für Kinder und Jugendliche empfohlen worden, zum anderen wirbt der Verlag auf der Rückseite mit dem Slogan „Bücher für die nächste Generation“. Schön, dass ein 70jähriger Autor weiß, was die nächste Generation braucht, die etwas jüngere zweifache Mutter wüsste es manchmal auch gerne und ist auch manchmal für Hinweise dankbar.
In 19 Kapiteln im Umfang von je rund zehn Seiten plus Vor- und Nachwort führt Martin Geck die Leser durch die Musikgeschichte, angefangen bei den Naturvölkern, für die Musik z.B. lebensnotwendige Unterstützung bei der schweren körperlichen Arbeit bedeutet. Geck macht deutlich, dass die Musik bei den Naturvölkern im Gegensatz zu uns keine abstrakte Größe, sondern zweckgebunden ist und daher keine Notation kennt. Im Alten China spielte die Musik als Bestandteil des Hofzeremoniells eine politische Rolle. Und dann sind wir ab dem Mittelalter schon wieder beim europazentrierten Weltbild, das lediglich in den beiden letzten Kapiteln „Facetten ohne Ende. Die Musik des 20. Jahrhunderts“ und „My Daddy sings the Blues, but I rap it. Blues, Rock und ihre schwarzen Wurzeln” über den Großen Teich blickt. Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Musikgeschichte oder Anekdote, passend zur Epoche, und als Klammer zwischen den einzelnen Teilen gibt der Autor seine ganz persönlichen Gedanken wieder (er vergleicht dies mit der Parade bei den Bildern einer Ausstellung). Das Kapitel über die zeitgenössische Musik enthält ein Minilexikon mit rund 25 KomponistInnen mit Kürzest-Biographie und -Werkcharakterisierung. Hier stolpert die Rezensentin und langjährige Musikbibliothekarin über „Qrtag“ und erfährt zu ihrem großen Erstaunen, dass dieser Komponist auch gelegentlich „Kurtag“ genannt wird. Ganz wird sie den Verdacht nicht los, dass der Autor sich hier einen Scherz machen und Menschen mit langen Ohren aufs Glatteis führen wollte. Es bedarf noch der Korrektur, dass Karlheinz Stockhausens im 1977 begonnener Zyklus Licht nicht mehr unvollendet ist (S. 23), sondern im Jahr 2004 abgeschlossen wurde. Das große Feld der Unterhaltungsmusik ist bis auf die mittlerweile von der „Klassik“vereinnahmten Genres des Jazz und Blues fast komplett ausgespart. Ob das die Generation von morgen nicht interessiert?
Damit kommen wir zur Frage, die sich der Rezensentin nach der Lektüre stellt: An wen richtet sich dieses Buch? Für den unbedarften Anfänger bietet es in seiner knappen Form zu wenig, Kinder und Jugendliche kann es mit seinen Verkürzungen überfordern. Eigentlich richtet es sich an den Leser mit solidem Hintergrundwissen, der sich hinsetzt und mal guckt, wie der Geck jetzt die ganze Musikgeschichte auf 200 Seiten packt. Der wird zweifelsohne sein Vergnügen haben, auch wenn er zur heutigen oder gar gestrigen Generation gehört.
Jutta Lambrecht
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S. 272f.