Theater als Fest, Fest als Theater – Bayreuth und die moderne Festspielidee / Hrsg. von Clemens Risi, Matthias Warstat [u.a.] – Leipzig: Henschel, 2010. – 348 S.: zahlr. Ill.
ISBN 978-3-89487-659-3 : € 19,90
Es ist ein beachtlicher Band, den die Herausgeber hier vorgelegt haben. Er beinhaltet sämtliche Vorträge eines im Jahre 2009 von den Bayreuther Festspielen und der freien Universität Berlin in Bayreuth abgehaltenen Symposiums zum Thema Theater als Fest – Fest als Theater. In eindrucksvoller Art und Weise spüren die verschiedenen Autoren hier der Entstehung des modernen Festspielgedankens nach, der in Richard Wagners Bayreuther Festspielhaus seine erste Verkörperung gefunden hat. Sie denken darüber nach, „welche unterschiedlichen Funktionen Feste in der Geschichte übernommen haben, was für Mechanismen in Festen wirksam sind und wie sich Feste überhaupt definieren lassen“ (S. 12). Da gibt es ausführliche Beschreibungen sowohl von festlichen Theaterbesuchen der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth als auch vom ausgelassenen Karnevalstreiben. Einfühlsam wird dem Leser vermittelt, wie aus derartigen Festen schließlich das Festspiel entstanden ist, das im Lauf der Zeit unterschiedliche Ausprägungen erfuhr. Dann wird „der Fokus vom Fest und den das Fest bedingenden Faktoren her auf Richard Wagner und seine Festspiele sowie sein Konzept eines ‚Bühnenweihfestspiels’ zurückgeworfen und dabei das faszinierende Feld der Verbindungen und Wechselwirkungen von Theater und Fest in historischer wie systematischer Perspektive“ (S. 12) aufgezeigt. Dabei kommt der Abgrenzung von Festen als „periodisch wiederkehrend und traditionsbildend“ und Theateraufführungen, die „oftmals einmalig und unwiederholbar definiert“ (S. 14) werden, entscheidendes Gewicht zu. Deutlich herausgestellt wird in den verschiedenen Beiträgen auch das Spannungsverhältnis von Vergnügungsstätte und moralischer Anstalt. Das alles läuft konsequent auf Wagner zu, der mit seinen Festspielen beabsichtigte, „ein öffentliches Festtheater und Theaterfest zu schaffen, das weder bloß Repräsentation und Kommerz, noch bloß Ritual wäre“ (S. 22). Den Höhepunkt des lesenswerten Buches bilden die ausführlichen Beschreibungen von Stefan Herheims im Jahre 2008 aus der Taufe gehobener Bayreuther Parsifal-Inszenierung sowie der Bericht über die diese Produktion betreffende Podiumsdiskussion, in der die verschiedensten Meinungen nachhaltig aufeinander prallen.
Ludwig Steinbach
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 360