Willi Winkler: Bob Dylan. Ein Leben [Michaela Krucsay]

Winkler, Willi: Bob Dylan. Ein Leben. Überarb. und erw. Neuausg.- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2011. – 224 S.: zahlr. s/w-Abb.
ISBN 978-3-499-62716-3 : € 9,99 (Pb.); auch als Digitalbuch erhältl.

Im Mai 2011 feierte ein Ausnahmekünstler seinen 70. Geburtstag: Robert Allen Zimmerman, besser bekannt als Bob Dylan. Zu diesem Anlass, der naturgemäß mit einer Flut an Publikationen zelebriert wird, erschien unter anderem eine Neuauflage von Willi Winklers bereits zur Feier des letzten Dezenniums erschienener Biographie des Jubilars. Dieser, als Musiker und Poet eine sich selbst immer wieder neu erfindende Kunstfigur, blickt heute auf eine Karriere zurück, die ihresgleichen sucht und von den frühen 60er Jahren bis in die Gegenwart führt; ein Ende nicht in Sicht. Willi Winkler, Journalist bei der Süddeutschen Zeitung, folgt Dylans Werdegang aus seiner subjektiven Sichtweise heraus, die auf den Leser durchaus irritierend, manchmal sprunghaft wirken kann. Obwohl sich Winkler mehrfach als langjähriger Verehrer Dylans outet, bedarf es kaum eines flüchtigen zweiten Blickes, um festzustellen, dass sich sein Fantum wohl eher mindestens ebenso janusköpfig präsentiert wie die Persönlichkeit seines Stars selbst. Als Leser dieser eher feuilletonistisch aufgebauten und bisweilen mit ins Groteske abgleitender, reißerisch aufgemachter Polemik ausgestatteten biographischen Monographie läuft man unweigerlich Gefahr, sich in den manchmal allzu selbstbewussten, gleichzeitig höchst dialektisch verlaufenden Gedankengängen des Autors zu verstricken. Bereits der erste Absatz schließt etwa: „Jessasmaria!“ (S. 11) – und dem kann man nur zustimmen. Schon nach wenigen Zeilen ist klar, was den Leser an allzu bemühten Formulierungen erwartet, die manchmal die Grenzen der political correctness selbst des rebellischsten Zelebranten der Popkultur sprengen. Holzhammer-Rhetorik auf der verzweifelten Suche nach einer Pointe („religiöses Brim und Borium“, S. 12, oder, besser noch, „des übrigens sauber düpierten Zimmermanns Josef”, S. 11) und mäßig originelle Wortschöpfungen (Dylan „flaubertromantisiert“, S. 16 ) tun ein Übriges, um das Gesamtbild zu beeinträchtigen. Was (vielleicht) in einem kurzen, polemischen Zeitungsessay funktioniert, kann deshalb nicht auch ungeniert auf eine umfangreichere Biographie angewendet werden. Aber, wie Winkler formuliert, „Pop ist ein freies Land“ (S. 151) – und in diesem Land wird auch dieses Buch seine Leserschaft und somit Existenzberechtigung finden.
Neue Einsichten in Leben und Wirken Bob Dylans bringt diese sich eher an den bereits „Dylan-erfahrenen“ Fan wendende Monographie nicht; ein Index fehlt leider völlig. Als nutzbringend kann dagegen die ausführliche Diskographie gewertet werden.

Michaela Krucsay
Leoben, 05.08.2011

 

 

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