Jacobshagen, Arnold: Händel im Pantheon. Der Komponist und seine Inszenierung. – Sinzig: Studio Verlag, 2009. – 144 S.: Abb. (edition pp ; 3)
ISBN 978-3-89564-138-1 : € 12,50 (Pb.)
Der Kölner Musikwissenschaftler Prof. Arnold Jacobshagen demontiert mit großer Sachkenntnis in sieben Essays liebgewordene Denkgewohnheiten der Händelrezeption und schärft den Blick für die tatsächliche Quellenlage und ihre Einordnung. So werden im ersten Essay der Gedenk-Kult um Händel beschrieben und seine editorischen Konsequenzen erläutert, war Händel doch einer der ersten Komponisten, dessen Werke nach seinem Tod weiterhin regelmäßig aufgeführt wurden. Weiterhin unterzieht Jacobshagen Händels Einzigartigkeit als erster Komponist, der nicht in einem festen Dienstverhältnis gestanden hat, einer vergleichenden Untersuchung und entmythologisiert diese Ausnahmestellung völlig, zum einen mit dem Hinweis auf Händels zahlreiche italienische und englische Gönner, zum anderen mit der Aufzählung Händelscher Kollegen, die sich in der gleichen Lage wie er befanden. Im dritten Essay setzt Jacobshagen die wiederholten Rückschläge Händels auf dem Gebiet der italienischen Oper mit Hinweisen auf das überreiche Angebot und das hohe Niveau der Konkurrenten ins rechte Verhältnis und relativiert das plötzliche und ausschließliche Erscheinen von Oratorien in Händels Spielplänen. Das spärliche Angebot an Primärquellen zu Händels Leben ließ Spekulationen aller Art von den meisten Biographen ins Kraut schießen, diese „Biographischen Inszenierungen“ (S. 32), so der Titel des vierten Essays, führt Jacobshagen dem Leser nicht nur an Hand der bekanntesten Beispiele, sondern auch mit unbekannteren Erzeugnissen der Händel-Hagiographie vor die erstaunten Augen. Der fünfte Essay stellt die Auswüchse einer ideologischen Instrumentalisierung vor, die in sehr ähnlicher Weise während des Kaiserreiches, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus sozusagen gepflegt wurden. In seinem sechsten Essay geht er auch ausführlich auf die Verrenkungen ein, die bei der Auseinandersetzung mit dem erfolgreichen Musikunternehmer Händel in der ehemaligen DDR nötig waren, und er macht den Leser mit den Ergebnissen vertraut, die das Zusammentreffen von Händel-Opern mit dem Regietheater haben kann. Händels Spuren in der Popkultur geht Jacobshagen in seinem letzten Essay nach. Diese Essays werden von acht „biographischen Inszenierungen“ aus Romanen und Theaterstücken des 19. und 20. Jahrhunderts begleitet, die auszugsweise abgedruckt werden. Anmerkungen, Quellennachweise und ein Personenregister ergänzen dieses kleine, aber überaus erhellende und amüsante Buch, das jeder, der sich mit Händels Musik und seinem Leben beschäftigt, gelesen haben sollte.
Marianne Noeske
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 30 (2009), S. 336ff.