Fuchs, Guido: Unsere Weihnachtslieder und ihre Geschichte. – Freiburg im Breisgau: Herder, 2009. – 217 S.: Abb.
ISBN 978-3-451-32278 –5 : € 12,95 (geb.)
Jeder kennt sie von Kindesbeinen an, jeder wird sie spätestens ab Ende November bis zum Überdruss hören, möglicherweise auch selbst spielen oder singen – Weihnachtslieder. Was mit diesen Liedern ausgedrückt werden soll, welche Abgründe sich dahinter verbergen können, das zeigt der Theologe und Liturgiewissenschaftler Prof. Guido Fuchs in seinem Buch. Er führt an 25 klug ausgewählten Liedern aus allen Zeiten vor, wie sich das Weihnachtsfest zu dem entwickelt hat, was wir aus eigener Anschauung kennen. Dazu beginnt er im ersten nachchristlichen Jahrhundert mit einem Christus-Hymnus und endet mit dem weihnachtlichen Inhalt des Motto-Liedes für den Kölner Weltjugendtag 2005. Zuerst wird der Text eines Liedes vollständig abgedruckt und wenn nötig übersetzt, es folgt ein kurzer Abriss über die Entstehung des jeweiligen Liedes und eine Erklärung der zur Entstehungszeit üblichen gottesdienstlichen Gepflogenheiten. Daran schließt sich eine Auslegung des Textes und eventuell eine Einordnung in die heutigen liturgischen Zusammenhänge. Fuchs scheut die Auseinandersetzung mit heute durchaus als kitschig empfundenen Liedern wie Ihr Kinderlein, kommet, Stille Nacht, heilige Nacht und sogar Rudolph, the Red-Nosed Reindeer nicht, sondern geht der Entstehungsgeschichte dieser Lieder auf den Grund und hebt den theologischen Schatz, der im Laufe der Zeit unter dem Vorwand des Unzeitgemäßen oder wegen der kitschigen Patina in der Versenkung verschwunden ist. Und er lotet sehr sensibel die Abgründe aus, die zwischen dem immanenten Friedensanspruch des Weihnachtsfestes und der brutalen Realität schon immer geklafft haben und versucht erfolgreich, über die Texte der Weihnachtslieder, zum Beispiel von Iona Lewie (Stop the cavalry) oder Jochen Klepper (Du Kind, zu dieser heilgen Zeit), mit der Menschwerdung Gottes eine Brücke zum Leser und seiner Lebenssituation zu bauen. Fuchs vermeidet konfessionelle Einseitigkeiten und beschreibt katholische wie protestantische Weihnachtsgebräuche. Dabei ist er stets gut verständlich, fremdsprachige Zitate werden immer übersetzt, theologische Fachbegriffe sofort erklärt und nachvollziehbar verwendet. Ein Liederregister hilft beim Auffinden der zitierten Lieder, eine Auswahlbibliographie beschließt das schön bebilderte Buch.
Es ist für alle Leute interessant, die hinter die kommerzialisierten Weihnachtskulissen schauen wollen und keine Angst vor theologischen Gedankengängen haben.
Marianne Noeske
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 30 (2009), S. 368f.