Piontek, Frank: Plädoyer für einen Zauberer – Richard Wagner. Quellen. Folgen und Figuren. – Köln: Dohr, 2006. – 671 S.: 16 Abb.
ISBN 3-936655-30-8 : € 34,80 (geb.)
Tatsächlich ist die Flut an Wagner-Literatur kaum noch zu übersehen. Dennoch erscheinen immer wieder neue Bücher zum Thema Wagner. Die Frage, ob zu dem Bayreuther Meister nicht allmählich alles schon gesagt wurde, ist aber eindeutig mit Nein zu beantworten. Immer mehr Schreiber entdecken immer mehr Neues zu Wagner. Einer dieser Autoren ist Frank Piontek, seines Zeichens Kulturjournalist und –referent in Bayreuth, der jetzt mit seinem neuen Buch einen weiteren interessanten Beitrag zur Wagner-Rezeption vorgelegt hat. Bei diesem Band handelt es sich um eine Sammlung von Essays, die größtenteils bereits – gekürzt – in den Festspielnachrichten Bayreuth und an anderen Orten veröffentlicht wurden und nun zum ersten Mal in gesammelter Form publiziert worden sind. Die einzelnen Abschnitte sind voneinander unabhängig, so dass es gleichgültig ist, bei welchem Kapitel der Leser mit der Lektüre des 671 Seiten dicken Buches beginnt. Lohnend ist die Anschaffung des Buches allemal, da es stilistisch gut geschrieben ist und interessante Inhalte aufweist, mag auch die musikalische Seite etwas zu kurz kommen. Die „Ausführungen zu Wagners Sieben Kompositionen zu Goethes Faust , seine Ouvertüre zu Schillers Braut von Messina, der C-Dur-Symphonie, seiner frühen B-Dur-Sonate und seiner Bearbeitung von Donizettis La Favorite sind recht aufschlussreich.
Darüber hinaus wartet Piontek mit interessanten Aufsätzen zum Schaffen anderer Komponisten auf, die er mit einzelnen Stücken Wagners vergleicht, so z. B. Ernest Chausson, Olivier Messiaen, Isaac Albeniz, Otto Nicolai, Peter I. Tschaikowsky, Gustav Mahler, Anton Bruckner, Anton Dvorak, Carl Maria von Weber, Wolfgang Amadeus Mozart und Ignaz Pleyel. Auch bespricht er Aufführungen, die dem einen oder anderen Operngänger bekannt sein dürften, so z. B. Christoph Schlingensiefs Parsifal und Heiner Müllers Tristan von den Bayreuther Festspielen sowie die Hamburger Produktionen von Lohengrin und Meistersinger in der Regie von Peter Konwitschny. Aus diesen Rezensionen ergibt sich, dass der Autor dem modernen Regietheater durchaus nicht ablehnend gegenübersteht. Insbesondere Schlingensiefs sehr gewagte Deutung des Bühnenweihfestspiels wird gut erklärt und verteidigt. Interessant ist auch Pionteks Spurensuche an Orten, die mit Wagner und seinem Werk zu tun haben, u. a. Eisenach, Wien, Stuttgart und – am Rande – sogar Salzburg. Man ist überrascht, wie viele neue Facetten der Autor an das Tageslicht bringt. Leider enthält das Buch aber auch einige – vermeidbare – Fehler. Hier hätte ich mir von dem Autor eine etwas bessere Recherche erwartet. Abgesehen davon handelt es sich bei diesem dicken Wälzer um ein gutes, lesenswertes Buch, dessen Lektüre wärmstens empfohlen werden kann.
Ludwig Steinbach
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S.388f.